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Eine breit angelegte Patentklage wurde von einem Anwalt mitvorbereitet, der bei Apples Kanzlei tätig war und Mitbesitzer des klagenden Unternehmens ist.

Die Klage, die das Unternehmens FlatWorld Interactives LLC vor einem Jahr gegen Apple eingereicht hat, könnte eigentlich ohne weiteres als einer von vielen Einträgen in die Annalen des Patent-Trollings eingehen. Wäre da nicht ein brisantes Detail, das durch die Veröffentlichung von Gerichtsdokumenten ans Tageslicht gelangt ist. Wired berichtet ausführlich.

Alle Touch-Produkte von Apple betroffen

FlatWorld will für jedes Produkt von Apple, das Touch-Technologie einsetzt, Entschädigung wegen angeblicher Patentverletzungen. Teileigentümer Slavoljub Milekic, ein Designprofessor aus Philadelphia, hat 1997 ein Patent eingereicht, das die Bewegung virtueller Objekte auf einem Touchscreen umschreibt. Die Technologie wurde im selben Jahr im Rahmen einer Museumsausstellung und 1998 bei einer Installation in einem Zoo, insgesamt also zwei Mal, in der Praxis eingesetzt.

Das US-Patent 6,920,619 für ein "User Interface, um Objekte von einem Display zu entfernen" wurde schließlich 2005 genehmigt. Apple soll dieses bereits seit dem ersten iPhone verletzen. Mehr zur Klage ist bei Ars Technica nachlesbar.

Morgan Lewis-Anwalt Mitbesitzer von FlatWorld

Wie aus den Dokumenten hervorgeht, gehören 35 Prozent von FlatWorld einem Mann namens John McAleese, der kurz nach der Einführung des iPhone gemeinsam mit seiner Frau Jennifer eine weitreichende Attacke auf Apples Touchscreenprodukte vorbereitet haben soll.

Heikel: McAleese arbeitet bei der angesehenen Anwaltskanzlei Morgan, Lewis & Bockius, die auch andere Kaliber wie Google, HP oder LG vertritt. Jennifer McAleese soll eine Reihe "Patenttrolle" zwecks Vernetzung kontaktiert und ihnen von ihrer und Milekics "exzellenter Position gegen Apple" berichtet haben.

"Der Kern von Apples iPhone"

"Wir haben eine proprietäre Technologie entwickelt, die es einem Nutzer erlaubt mit einem Computer zu interagieren, in dem ein computergeneriertes Bild auf einem touchempfindlichen Medium berührt wird", liest sich eine E-Mail von Jennifer Aleese an einen potenziellen Lizenznehmer namens "Michael".  "Die gleiche Technologie ist der Kern von Apples lange erwarteten iPhone und anderen Konkurrenzprodukten." Der Text wurde laut Metadaten von ihrem Mann zuvor bearbeitet.

Ebenso versandte sie Nachrichten an Patentanwälte bei Google und Nokia, die mit Apple in Patentstreitigkeiten verwickelt sind. Nachdem keiner der Kontaktierten letztlich einen Deal eingehen wollte – einige hatten sich aber durchaus interessiert gezeigt – klagte FlatWorld schließlich alleine auf Basis einer erweiterten Version des eigenen Patents, wie Wired weiter schildert.

Bei ihrem Vorgehen wurde Jennifer McAleese von ihrem Mann beraten, der auch Zugang zu vertraulichen Daten von Apple hatte. Er beteuert, diese aber niemals eingesehen zu haben. Apple wirft dem Ehepaar nun vor, eine "indirekte und verschleierte Pipeline" für Informationen geschaffen zu haben, um FlatWorlds Anwälte mit Informationen zu versorgen.

McAleese nicht mehr Kanzlei-Mitarbeiter

Mittlerweile fürchtet man bei Morgan, Lewis & Bockius aufgrund der Affäre um den eigenen Ruf. Immerhin soll die Kanzlei mittlerweile mehr als die Hälfte aller Fortune 100-Unternehmen vertreten haben. Sie beherbergt 1.300 Anwälte, von denen jeder im Schnitt pro Jahr 1,5 Millionen Dollar Profit erwirtschaftet.

Die Biographie von McAleese ist mittlerweile von der Website des Unternehmens verschwunden. Seine Telefondurchwahl führt zu einem Anrufbeantworter, dessen Tonband mitteilt, dass er nicht mehr bei der Kanzlei tätig ist. Wired erreichte seine Frau, die dazu keinen näheren Kommentar abgeben wollte.

Apple-Anwalt entdeckte Affäre

Die Causa aufgedeckt hatte Apples hauseigener Anwalt Jeff Risher, der am 25. Februar Kontakt mit einem Partner von Morgan Lewis aufnahm. Antwort erhielt er schließlich von McAleese direkt, der sich gelassen gab und offenbar versuchte, die Angelegenheit herunterzuspielen.

Daraufhin nahm Apple Kontakt mit der Chefetage der Kanzlei auf. Dort fürchtete man um einen angesehen Kunden und legte die mit FlatWorld befassten E-Mails und Dokumente von McAleese gegenüber Apple offen. Auf deren Basis übermittelte Apple hunderte Seiten an Beweismaterial.

Apple fordert nun, dass Hagens Bergmann, die Kanzlei von FlatWorld, aufgrund des Zugangs zu vertraulichen Daten aus dem Verfahren ausgeschlossen wird und die Firma sich neue Anwälte suchen soll. Offen bleibt die Frage, warum Morgan Lewis, wo die Aktivitäten von McAleese bekannt waren, nicht schon vorher darauf reagiert hat, dass einer der eigenen Anwälte in ein Unternehmen investiert, welches einen der eigenen Klienten attackiert. (red, derStandard.at, 03.06.2013)