Mailand - Die Rechtsanwälte des italienischen Ex-Premiers Silvio Berlusconi haben am Montag bei ihrem Plädoyer in der Schlussphase des sogenannten "Ruby"-Prozesses den Mailänder Richtern Voreingenommenheit gegenüber ihrem Mandanten vorgeworfen. Berlusconis Rechtsanwalt Nicoló Ghedini betonte, er habe während des Prozesses klar den Eindruck gehabt, dass die Richter Berlusconi gegenüber nicht unparteiisch seien.

Als "absolut übertrieben" bezeichnete Ghedini die Forderung einer sechsjährigen Haftstrafe für Berlusconi seitens der Mailänder Staatsanwaltschaft, die die Ermittlungen um die Beziehung zwischen Berlusconi und der Marokkanerin Karima El Marough alias "Ruby Herzensbrecherin" im Jahr 2010 geführt hatte.

Vorwurf des Amtsmissbrauchs

Die Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi Amtsmissbrauch vor, weil er "Ruby" im Frühjahr 2010 mit einem Anruf in Mailand vor Schwierigkeiten mit der Justiz bewahren wollte, nachdem die junge Frau wegen Diebstahls angezeigt worden war. Berlusconi gab an, er habe sie für eine Verwandte des damaligen ägyptischen Staatspräsidenten Hosni Mubarak gehalten und diplomatische internationale Verwicklungen vermeiden wollen, was laut Staatsanwältin Ilda Boccassini total unglaubwürdig ist.

Diner mit Mubarak

Ghedini betonte, dass Berlusconi laut mehreren Zeugen bei einem offiziellen Diner mit Mubarak im Mai 2010 in Rom über Ruby gesprochen hatte. "Dies beweist, dass Berlusconi absolut überzeugt war, dass Ruby aus Ägypten stammte", sagte Ghedini.

Die Mailänder Staatsanwältin Ilda Boccassini hatte vor drei Wochen neben der sechsjährigen Haftstrafe auch einen lebenslangen Ausschluss Berlusconis aus allen öffentlichen Ämtern verlangt. Der 76-Jährige sei wegen Amtsmissbrauchs zu fünf Jahren Haft zu verurteilen, so die Staatsanwältin. Wegen mutmaßlichem Sex mit der minderjährigen Marokkanerin El Marough im Jahr 2010 forderte Boccassini ein zusätzliches Jahr Haft. Es sei unbestreitbar, dass Berlusconi die damals 17-jährige Ruby für Sex mit ihm bezahlt habe, sagte er. Mit einem Urteil in dem seit April 2011 laufenden Verfahren ist am 24. Juni zu rechnen. (APA, 3.6.2013)