Österreich und Tschechien werden einander künftig bei der Vergabe von Schengen-Visa in Drittstaaten unterstützen. Ein ent­sprechendes Abkommen haben Staatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) und der tschechische Vizeaußenminister Ji_9í Schneider am Freitag in Prag unterschrieben. Vorerst sind nur zwei diplomatische Vertretungen eingebunden: Die Österreichische Botschaft in Dakar bearbeitet Visumanträge für Tschechien, die tschechische Seite wiederum unterstützt Österreich in Bagdad.

In der Folge kann das Projekt auf weitere Standorte ausgedehnt werden, erklärte Lopatka im Gespräch mit dem Standard: "Das ist im Interesse der Steuerzahler, weil wir so gemeinsame Aufgaben konzentrieren und damit Kosten sparen können."  Die gegenseitige Vertretung bei der Visavergabe durch Schengen-Partner habe sich bereits als erfolgreiches Modell etabliert.

Das Abkommen ist für Lopatka ein sichtbares Zeichen der engen Beziehungen zwischen den beiden Staaten: "Wir unterstützen einander auf europäischer Ebene ja in vielen Bereichen."  Erst vergangene Woche hatte Tschechien beim Streit um die Aufhebung des Waffenembargos gegen Syrien gemeinsam mit Österreich Waffenlieferungen an die syrische Opposition abgelehnt. Auch in der Diskussion um den mehrjährigen EU-Finanzrahmen hatte Tschechien als Nicht-Nettozahler österreichische Positionen unterstützt. "Die Bereiche, in denen wir gut kooperieren, sieht man oft viel zu wenig" , meint Lopatka in Anspielung auf kontroverse Themen wie das Kernkraftwerk Temelín.

Von Mythen befreien

Neue Entwicklungen gibt es um ein lange geplantes österreichisch-tschechisches Geschichtsbuch. Der oft unterschiedliche Blick auf bestimmte Epochen, etwa auf die unmittelbare Nachkriegszeit und die Vertreibung der Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei, sorgt immer wieder für Irritationen. Das Werk von Historikern aus beiden Ländern, das die Debatte von Mythen befreien soll, dürfte laut Lopatka bald Realität werden: "Von unserer Seite ist die Finanzierung gegeben, von tschechischer Seite wurde mir das ebenfalls zugesagt."

Die erste Bewährungsprobe für die wechselseitige Vertretung bei der Vergabe von Visa steht aber schon viel früher ins Haus: Ende Juni beginnt in Prag die Basketball-WM der Junioren. Die Sportler aus dem Senegal sollen bereits mit Visa nach Tschechien einreisen, die ihnen in Dakar die Botschaft Österreichs ausstellt.  (Gerald Schubert aus Prag  /DER STANDARD, 3.6.2013)