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Zuerst Kanzler für Öster-, als privater Geschäftsmann dann nur noch -reich: Gusenbauer legte nach 2008 eine Karriere hin. Er bekleidet jedoch immer noch sozialdemokratische Ämter.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Wien - Alfred Gusenbauer sieht weder Erklärungs- noch Redebedarf. "Ich wüsste nicht, was ich Ihnen dazu sagen soll", erklärt er schmallippig, bevor er "einen schönen Tag" wünscht und auflegt. Der Ex-Kanzler hat einen neuen Job: Er sitzt im Aufsichtsrat der deutschen Tochter des globalen österreichischen Glücksspielkonzerns Novomatic.

Das ist nicht unumstritten. Novomatic ist führend im Geschäft mit dem kleinen Glücksspiel, das - wie zahlreiche Studien beweisen - zu großem gesellschaftlichem Schaden führt. Die SPÖ hat sich den Kampf gegen das kleine Glücksspiel teilweise auf die Fahnen geschrieben. In Wien ist es bereits verboten, manche wollen ein österreichweites Verbot erreichen. "Für die Betroffenen bedeutet das kleine Glücksspiel Not, Krankheit, Armut, Elend, Kriminalität, häusliche Gewalt und Existenzbedrohung", heißt es in einem Antrag der Sektion 8 der SPÖ Alsergrund, der bei dem Bundesparteitag vergangenen Herbst beschlossen wurde.

Ex-Kanzler unter Spitzelverdacht

Dass nun ausgerechnet ein ehemaliger sozialdemokratischer Bundeskanzler für jenen Konzern arbeitet, den die Partei teilweise bekämpft, macht im Wahljahr keinen schlanken Fuß. Doch nicht nur seine Arbeit für Novomatic könnte der Partei Ärger machen.

Gusenbauer stehe unter Verdacht, den kasachischen Geheimdienst KNB mit parlamentarischen Dokumenten zum Verfahren Alijew versorgt zu haben, schreibt das Nachrichtenmagazin "Profil". Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen Gusenbauer und den Wiener Rechtsanwalt Gabriel Lansky wegen des Verdachts nachrichtendienstlicher Tätigkeiten. Auslöser soll eine Anzeige "aus dem russischen Raum" gewesen sein. Gusenbauer bezeichnet die Vorwürfe in einer Aussendung als "haltlos und bösartig". Er habe "zu keinem Zeitpunkt, weder vor, während oder nach seiner Amtszeit dem kasachischen Präsidenten irgendwelche parlamentarischen bzw. Regierungsunterlagen der Republik Österreich" zur Verfügung gestellt. Auch Lansky weist die Vorwürfe zurück.

"Nicht sympathisch"

"Selbstverständlich ist das vielen in der Partei nicht sympathisch", sagt ein SPÖ-Funktionsträger, der sich offiziell nicht zu Wort melden möchte. Es sei zu hoffen, dass die Entscheidung, für Novomatic zu arbeiten, auf die Person Gusenbauer zurückfallen werde und nicht auf die Partei. "Schließlich ist er in keiner offiziellen Parteifunktion mehr", heißt es. Allerdings ist der Ex-Kanzler bis heute Vizepräsident der weltweiten Organisation Sozialistische Internationale. Und er ist Präsident des Kuratoriums des Karl-Renner-Instituts, der politischen Akademie der SPÖ.

In dieses Amt werde er ihn kein weiteres Mal wählen, kündigt der Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, Wolfgang Moitzi, bereits an. Andere Mitglieder des Präsidiums - und damit wahlberechtigt - halten sich bedeckt: So wollen weder der steirische Landeshauptmann Franz Voves noch der oberösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Ackerl oder Wiens Bürgermeister Michael Häupl die Ehrentätigkeit Gusenbauers innerhalb der SPÖ kommentieren.

Ein Job unter vielen

Niki Kowall, Chef der Sektion 8 und Gesicht der roten Glücksspielgegner, befindet hingegen: "Gusenbauer ging es politisch nie um etwas." Er habe die Politik als Spielwiese genutzt, um nachher ordentlich Karriere zu machen. "Der Sozialist als der bessere Kapitalist", titelte da bereits höhnisch die "Presse". Der Ex-SPÖ-Vorsitzende berät Novomatic schon seit längerem im Lateinamerika-Geschäft, konkret in Peru, Paraguay und Brasilien. Das ist allerdings nur einer der vielen Jobs, denen der Kanzler mit der kürzesten Amtszeit in der Zweiten Republik nachgeht.

Da wären noch: Er ist Vorsitzender der Familienstiftung des Bauunternehmers Hans Peter Haselsteiner und sitzt in dessen Firma Strabag im Aufsichtsrat. Für das Aufsichtsratsmandat dürfte er 50.000 Euro bekommen. Wie viel er als Vorstand der Stiftung kassiert, ist unklar, laut "Format" schätzen Insider sein Gehalt dafür auf 200.000 Euro pro Jahr. Ebenfalls 200.000 Euro jährlich soll er damit verdienen, dass er Beiratsvorsitzender bei Signa ist, dem Immobilienimperium von René Benko - in das Haselsteiner erst im Mai mit fünf Prozent einstieg. Weitere Jobs:

  • Cudos Er ist Miteigentümer der Investorengruppe Cudos.
  • Kasachstan Er berät dort den Präsidenten Nursultan Nasarbajew.
  • Chile-Fonds Gusenbauer ist Europa-Direktor des chilenischen Investmentfonds Equitas.
  • Kanada Seit Juni 2010 ist er im Board of Directors des Bergbaukonzerns Gabriel Resources.
  • WAZ Er berät die WAZ-Mediengruppe als Osteuropa-Experte.
  • USA Gusenbauer unterrichtet an der Brown University in Rhode Island.
  • Firma Er hat die Firma "Gusenbauer Projektentwicklung & Beteiligung GmbH".

In früheren Interviews verriet Gusenbauer, sein derzeitiges Gehalt übersteige jenes als Bundeskanzler. Das waren 280.000 Euro jährlich. (Saskia Jungnikl, derStandard.at, 2.6.2013)