Wien - Man könnte sagen, es ist eine Verkettung unglücklicher Umstände, dass Johann T. wegen "Gefährdung der körperlichen Sicherheit" vor Richterin Katharina Adegbite-Lewy im Wiener Straflandesgericht sitzt. Dass der 19-Jährige nämlich in einer irrwitzigen Verfolgungsjagd durch Wien-Donaustadt bretterte, ist ein klassischer Fall von zur falschen Zeit am falschen Ort.

Kein Führerschein

Einen Führerschein hat der Angeklagte zwar nie besessen, einen BMW schon. Der war allerdings nicht pickerlwürdig, daher stahl T. im Februar Nummerntafeln. Am 7. März gondelte er durch den 22. Bezirk. "Ich bin gewellt gefahren", beschreibt er seine Fahrweise, "wie bei der Aufwärmphase in einem Formel-1-Rennen", schildert ein Zeuge.

Das allein wäre nun noch kein Grund für ein Strafverfahren. Aber just, als er an einer Schule vorbeikam, querten dort zwei Verfassungsschutzbeamte mit einer Schülerin die Straße. "Es gab Morddrohungen gegen die gesamte Familie durch unbekannte kaukasische Täter", schildert einer der Personenschützer. "Wir gingen Richtung Dienstauto, als ich einen BMW bemerkte, der massiv beschleunigt hat."

Man huschte also über die Straße, als T. auf ihrer Höhe war, deutete er noch mit der Faust aus dem Wagenfenster. "Er schaute wie ein Kaukasier aus, daher habe ich mir die Nummerntafel gemerkt, um einen Bericht zu schreiben", sagt der Polizist.

Auseinandergehende Schilderungen

Hier gehen die Schilderungen auseinander. Der Beamte sagt, man sei ihm zunächst ohne Blaulicht nachgefahren. Der erst am Montag wegen Einbruchs zu neun Monaten unbedingter Haft Verurteilte widerspricht: Als er die Polizisten wahrnahm, sei er wegen der gestohlenen Kennzeichen in Panik geraten und geflüchtet.

Faktum ist, dass er in der Folge die Straßenverkehrsordnung in ganz erstaunlicher Weise ignorierte. Rotlicht, Stopptafeln, Einbahnen, Sperrflächen: Nichts hielt ihn auf. Dass er durch eine Siedlung mit Wohnungen der russischen Botschaft donnerte, machte ihn noch verdächtiger. Erst in einer Sackgasse war die Fahrt zu Ende. Am 1. Juli kommt das Urteil. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 1./2.6.2013)