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Herbert Stepic.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Mit "Lieber Herbert Stepic" haben ihn in diesen schweren Tagen vermutlich nicht viele unter dem Giebelkreuz angesprochen, und vor allem nicht in so lauterer Absicht, wie das in der "Kronen Zeitung" nur erfolgen kann, wenn es gilt, die ethische Rangordnung zwischen einem "Krone"-Kolumnisten und einem "Kurier"-Chefredakteur aufrechtzuerhalten. "Wenn Sie, lieber Herr Stepic, mit ordnungsgemäß in Österreich versteuertem Eigengeld in Singapur über legale Briefkastenfirmen drei Wohnungen kaufen, "vergisst" der "Kurier"-Chef Helmut Brandstätter plötzlich seine Hampelmann-Rolle als journalistischer Raiffeisen-Knecht, erklärt die selbst für altgediente Wirtschaftsjournalisten nur schwer einschätzbare Qualität der Story zum "Knüller" und lässt aus allen Rohren auf Sie schießen".

Es war dies einer jener Momente im Leben des heimischen Boulevards, in denen Michael Jeannée seine "Hampelmann-Rolle" als journalistischer Dichand-Knecht nicht nur nicht vergessen durfte, sondern sie sogar rückwärts vollzog, nur um deutlich zu machen, wie sehr im "Kurier" das Objektivitätsgebot, das niemandem heiliger ist als der "Krone", mit Füßen getreten wird.

Stepic wurde nämlich nicht nur ausgerechnet in "News" als karibischer Briefkastenonkel enttarnt, sondern auch noch in der "Raiffeisen-Zeitung" "Kurier" gegenüber seinem "Raiffeisen-Kollegen" Erwin Hameseder schwerstens benachteiligt. "Da fährt der Herr Hameseder seinen gesetzwidrig sommerbereiften Porsche Carrera 911 im Schneetreiben zu Schrott und versucht danach einen "Deal" mit der hauseigenen Versicherung zu seinen Gunsten, und dem "Kurier" - selbst ernanntes "Qualitätsblatt" - ist die für jeden Reporter im ersten Lehrjahr erkennbare Top-Qualität der Story powidl, und er schweigt sie tot, tot, tot".

Damit griff Jeannée im Bestreben, Herbert Stepic Gutes zu tun, allerdings ein wenig daneben. Denn man kann davon ausgehen, dass der "Kurier" Herrn Hameseders versuchten Schrotthandel "tot, tot, tot" geschwiegen hat, eben weil ihm die Story nicht "powidl" war, und weil der "journalistische Raiffeisen-Knecht" seine Karriere nicht in einer "Hampelmann-Rolle" rückwärts als "Reporter im ersten Lehrjahr" neu starten möchte.

"Was ist da los, Herr Stepic?" begehrte Jeannée zu wissen und versuchte, mehr über das Intimleben im Raiffeisenkonzern zu erfahren: "Wieso darf Brandstätter Hameseder lieben und Sie nicht?" Das könnte mit der Stellung des urchristlichen Konzerns zur freien Liebe zu tun haben, vielleicht aber doch mehr mit dem dunklen Verdacht, der sich in jedem festsetzen musste, der die Titelgeschichte über Herbert Stepics "geheime Briefkasten-Firmen" in "News" gelesen hatte: "Wem sind Sie auf die Füße getreten? Was haben Sie falsch gemacht? Fragen über Fragen, die nur Sie beantworten können" - weil sie in "News" zunächst gar nicht erst gestellt wurden - und "hoffentlich bald".

Wie es nach Stepics Pressekonferenz aussieht, wird Jeannées Neugier nicht so bald gestillt werden, und auch "News" von dieser Woche kam der drängenden Aufforderung nicht nach zu enthüllen, wem "Österreichs mächtigster Banker" so heftig auf "die Füße getreten" sein könnte, dass er zurücktreten musste. Es blieb bei Floskeln wie: "Am Dienstag, um 15.32 Uhr, war das Unverstellbare sic dann in Schriftform gegossen", ohne deswegen auch gleich unvorstellbar zu sein: "Herbert Stepic bestätigte NEWS via Mail, dass er der wahre wirtschaftliche Berechtigte von zwei " Projektgesellschaften - wie er die Offshore-Firmen nennt - ist". Sollte sich der "Super-Banker" doch nur selber "auf die Füße getreten" sein? Kaum zu glauben, aber wenn ja, hat er es Jeannée bisher noch nicht gestanden.

Auf Dauer wird sich das aber nicht vermeiden lassen, soll er in der "Kronen Zeitung" seine Position gegenüber Herrn Hameseder halten können. Denn die Frage an Stepic lautet nun einmal: "Welche heißen Drähte hat Ihr Raiffeisen-Kollege Erwin Hameseder zur Raiffeisen-Zeitung "Kurier", die Sie, der bis zu seinem Rücktritt fraglos mächtigste und erfolgreichste Banker des Giebelkreuz-Multis, nicht haben?"

Jeannée tut sich schwer, mit Ungewissheit zu leben. Bietet man ihm Sicherheit, verstummen seine Fragen rasch. "Der Mann wird noch zur Zentralsonne der österreichischen Innenpolitik", entnahm er den "Salzburger Nachrichten". Da hieß es nur noch: "Go ahead, Frank, go ahead!" (Günter Traxler, DER STANDARD, 1./2.6.2013)