Eine der dubioseren Errungenschaften der modernen Filmwirtschaft ist das sogenannte Biopic. Das Biopic behandelt die Biografie oder fesselnde Wendepunkte im Leben einer berühmten Person, und es scheitert meist schon an der Unähnlichkeit von Darstellern und Dargestellten. Anthony Hopkins war als Hannibal Lecter weit überzeugender denn als Nixon oder Hitchcock, weil Hopkins weder Nixon noch Hitchcock ähnelt, auch nicht mit artifiziellen Brauen, künstlichen Hamsterbacken oder einer schmucken Fettwanstprothese.

Das neueste Biopic, welches uns Hollywood androht, ist eine Verfilmung des Lebens von Hillary Clinton mit Scarlett Johansson in der Titelrolle. Auch das wird garantiert grauenhaft. Denn bei einer solchen Verfilmung liegt natürlich eine Thematisierung der Eheperipetien der Clintons in der Luft, und die ist so unnötig wie ein Kropf.

Oder will sich heute jemand ernsthaft noch im Kino ansehen, wie sich Bill Clinton Mitte der 1990er-Jahre im Oval Office eine Pfeife zuschneidern ließ? Womöglich gar in 3-D oder im Imax-Format? Ganz zu schweigen vom unsäglichen Nachspiel dieser "Affäre", dem Impeachment im Senat?

Wenn Hollywood nach knackigen Biopic-Stoffen sucht, dann wende es den Blick gen Österreich. Heinz und Margit Fischer kommen zwar nicht mehr infrage (schon an Grisse- und Stermann vergeben). Auch Faymann und Spindelegger wären suboptimal, weil sie einer breiteren Öffentlichkeit vom Aussehen her so unbekannt sind, dass es kaum auffiele, wenn man Elfriede Ott als Spindelegger castete.

Nein, die wirkliche Dramatik lauert in der schwarz-blauen Koalition, jener Ära, als lauter Männer von Charakter, die sich nur die besten Charakterdarsteller als ihre Impersonatoren verdient hätten, im Amt, wenn schon nicht in Würden waren.

Hier ein paar Biopic-Vorschläge mit Blockbuster-Potenzial: Wolfgang Schüssel (Besetzungsvorschlag: Steve Carell) gerät in die aufreibenden Wirren des Eurofighter-Ankaufs! Walter Meischberger (Jim Carrey) arbeitet sich vom Tankwart zum internationalen Finanzexperten empor! Gernot "The Eggman" Rumpold (Daniel Craig) wird in einer Vorstadtdisco handgreiflich! Und Karl-Heinz Grasser (George Clooney) überquert in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Grenze mit einem Plastiksack voll Geld! Ganz, ganz großes Kino!   (Christoph Winder, Album, DER STANDARD, 1./2.6.2013)