Tunis - Im Prozess gegen die Femen-Aktivistin Amina Tyler vor einem tunesischen Gericht sind am Donnerstag neue und umfassendere Vorwürfe erhoben worden. Die 18-Jährige müsse sich unter anderem nun auch wegen Sittlichkeitsvergehen verantworten, teilte das Gericht in der nordöstlichen Stadt Kairouan mit. 

Vorwurf der "kriminellen Verschwörung"

Der Prozess fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten zahlreiche Islamisten und Einwohner Kairouans gegen die Angeklagte. Die junge Frau selbst, die sich im Internet Amina Tyler nennt, beklagte in der Verhandlung, gegen sie werde "ein politischer Prozess" geführt.

Das Gericht teilte mit, Amina werde nicht mehr nur der Besitz von Pfefferspray vorgeworfen, für den sie demnach eine Geldbuße von umgerechnet rund 150 Euro zahlen muss. Ihr würden zudem Sittlichkeitsvergehen, die Beteiligung an einer "kriminellen Verschwörung" und die Schändung eines Friedhofs zur Last gelegt. Der Prozess solle am 5. Juni fortgesetzt werden. Amina bleibt demnach in Haft.

Amina war am 19. Mai festgenommen worden. Sie hatte das Wort "Femen" auf eine Mauer nahe einem Friedhof geschrieben, um gegen konservative Islamisten zu protestieren, die sich in der Nähe versammeln wollten. Ihr drohen bei einer Verurteilung nach den neuen Vorwürfen der Verschwörung nun bis zu 18 Jahre Haft.

Drei weitere Aktivistinnen in Haft

Am Mittwoch wurden in Tunis weitere drei Femen-Aktivistinnen festgenommen, die vor einem Gericht in der tunesischen Hauptstadt mit nacktem Oberkörper für Aminas Freilassung demonstrierten. Die beiden Französinnen und eine Deutsche saßen nach Femen-Angaben am Donnerstag weiter in Haft. Über juristische Schritte gegen sie war nichts bekannt.

Femen wurde in der Ukraine aus Protest gegen die Unterdrückung von Frauen gegründet. Die Gruppe sorgte Anfang April für Aufsehen, als Aktivistinnen barbusig vor Moscheen und tunesischen Botschaften in europäischen Städten demonstrierten. Sie fordern Selbstbestimmung über ihren Körper, die sie durch den Islamismus bedroht sehen. (APA/red, dieStandard.at, 31.5.2013)