Das eigentliche Metier der Linzer Band Fuckhead ist die Ausschweifung auf der Bühne: Didi Bruckmayr, stark tätowiert, und seine Mitstreiter.

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Wien - 25 Jahre sind für eine Band eine lange Zeit. Speziell auch, wenn man sich der künstlerischen Grenzlandforschung und diversen Überschreitungen von gesellschaftlichen Geschmacksübereinkünften, musikalischen Formen oder körperlichen Belastungslimits verschrieben hat. Vielleicht auch deshalb hat nur der sturste Hundling von allen all die Jahre durchgehalten.

Didi Bruckmayr ist heute das einzig verbliebene Gründungsmitglied der Linzer Extrem-Performance-Band Fuckhead. Seit dem Gründungsjahr 1988 in der Nachfolge einer zünftigen Gruftierock-Partie namens Dead Souls und ihrer Verehrung von Altvorderen wie Joy Division oder Killing Joke haben schließlich nicht nur Heerscharen von Musikern aufgegeben und sind in bürgerliche Berufe abgewandert. Nein, ganze Genres zwischen Grunge, Techno, Emo, DJ Ötzi, Gangnam-Style, Papierschredder-Metal und Baumaschinenlärm aus dem Klappcomputer sind in dieser Zeit aufgepoppt und wieder ex gegangen. Wenn man sich dazu noch vorstellt, wie Depeche Mode klingen würden, wenn am Gesangsmikrofon ein nackter, stark tätowierter Mann agieren würde, der in der Mitte zwischen Opern-Buffo und Fürst der Dunkelheit inklusive Neigung zur Selbstbefleckung gern mit Reißzwecken gurgelt, dann hat man eine ungefähre Vorstellung davon, was Fuckhead machen.

Rein musikalisch mag dabei schon 1998 mit The Male Comedy ... oder Der Traum vom kleinen Glück auf dem damaligen Wiener Extremistenlabel Mego der definitive Höhepunkt erreicht worden sein. Ein noch heute je nach Geschmack richtungsweisendes, zeitloses, unhörbares, hochkomisches, bedrückendes, radikales Opus magnum zwischen Avantgarde, Maschinentanz, Metalwahnsinn und übersteuertem Amokoperetten-Grunzen, mit dem Fuckhead aus bis heute unerklärlichen Gründen trotz ausgezeichneter Kritiken keine internationale Karriere starten konnten oder wollten.

Das eigentliche Metier der Band ist aber ohnehin die Ausschweifung auf der Bühne. Heute gehören Fuckhead unter anderem auch der als Opernsänger aktive Sigi Aigner und Ausnahmeschlagzeuger Didi Kern an. Letztgenannter trommelt zwischen Linz und Wien in ungefähr jeder Band, die keinen Drumcomputer bedienen kann oder nicht viel proben will. Beide sorgen neben dem Maschinentanz für das nötige Restniveau, während sich alle Beteiligten gern den durch Freakshow-Elemente angereicherten Wiener Aktionismus geben, wenn diese alten Männer damals nicht so schrecklich humorlos und religiös von einem Schatten gestreift gewesen wären.

Das mag nicht jedermanns Sache sein, wenn Nitsch und Schwarzkogler und Brus und Muehl in einem Aufwasch mit zusammengesparten Körpersekreten und aktuell weißer und schwarzer Malerfarbe aus Kübeln als Kindertheater für große, feucht-fröhliche Kinder interpretiert werden. Wenn man aber bereit ist zuzugeben, dass es einem als Publikum im Zweifel lieber ist, wenn man viel zu viel (Das sag aber meiner Mama!) als zu wenig geboten bekommt (Herr, mach dem langweiligen Schas ein Ende, schicke Blitze hernieder!), dann kann man bei Fuckhead live noch immer eine Mordsgaudi haben.

Zum Jubiläum sind beim Wiener Label Noise Appeal unter dem Titel Avoid Nil drei neue Tracks als Download erschienen. Im Herbst soll ein gleichnamiges Vinylalbum folgen. (Christian Schachinger, DER STANDARD, 29./30.5.2013)