Lineare Strukturen sorgen für eine abstrakte Wirkung: Rudi Stanzels neueste Bildserie spielt mit den lichtreflektierenden Eigenschaften von Glitter.

Foto: Peter Strobl

Wien - Ist Licht nun eine Welle oder besteht es doch aus einer Reihe von Teilchen? Eine Frage, die die Quantenphysik beschäftigt - unter anderem Anton Zeilinger und Assistenten, die in der Galerie Ulysses unlängst ihre Documenta-Experimente wiederholten. Ein Thema, mit dem sich auch Rudi Stanzel auseinandersetzt. Denn das Licht ist in seiner Malerei, die oft allein durch die Struktur der Pinselstriche Variation erzielt, ein zwar schwer zu kalkulierender, aber wichtiger Partner. Je nachdem, ob die Strukturen horizontal oder vertikal zum einfallenden Licht verlaufen, die Pastosität des aufgetragenen Materials für Schatten sorgt, ändert sich die Erscheinung des gewählten Kolorits.

Reflektivität heißt daher Stanzels aktuelle Ausstellung bei Ulysses: Mit diesem oder auch dem Begriff Reflexionsgrad wird das Verhältnis von einfallendem zu reflektiertem Licht bezeichnet. Für sein Spiel mit der Erscheinung der Farbe nutzte er früher auch Materialien wie Grafit oder Aluminium, die den oft schwarzen Flächen einen völlig anderen Charakter gaben: Statt allein Licht zu schlucken, schickten die integrierten Partikel - etwa Metalleinschlüsse in chinesischem Papier - Lichtreflexe zum Auge zurück.

Aktuell sind es - inspiriert durch einem Versuch mit Eisenglimmer - aber Glitterpartikel. Der verwendete Hologramm-Glitter öffnet je nach Blickwinkel und Lichtintensität andere Farbräume auf den dunklen, aber nicht nur in Schwarztönen gehaltenen Untergründen. In der Morgensonne im Dachgeschoß der Galerie lassen die Großformate ohne Titel etwa an Nachthimmel mit Dunstwölkchen denken, an Spektralnebel, an Visualisierungen schwarzer Löcher oder ein Nocturne in der Wüste, in der fern ein Bergrücken glänzt. Atmosphärisch reiche Assoziationen, die sich auflösen und abstrakt werden, wenn Stanzel seine Glitterbilder mit linearen Farbstrukturen rhythmisiert. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 29./30.5.2013)