Wien - Offiziell ist von "Diskussionen" die Rede. Hinter vorgehaltener Hand spricht man von massiven Auseinandersetzungen in der Volksanwaltschaft, die bereits zum Eklat geführt haben. Die Leiter der Menschenrechtskommissionen in der Organisation seien aus Protest aus der letzten Sitzung ausgezogen. Stein des Anstoßes: das Geld. Die Experten forderten eine Verdoppelung von Budget, heißt es aus der Institution.

Die sechs nebenberuflichen Kommissionschefs erhalten für den auf 30 Stunden pro Monat beschränkten Zeitaufwand 4000 Euro. Davon abzudecken seien freilich Mitarbeiter und Infrastruktur, beteuern die Betroffenen. Nicht unheikel ist das Timing des Vorstoßes: Die neuen Volksanwälte, Günther Kräuter (SPÖ) und Peter Fichtenbauer (FPÖ), folgen Peter Kostelka (SPÖ) und Terezija Stoisits (Grüne) im Juli nach (Gertrude Brinek von der Volkspartei behält ihr Amt). Die Entscheidung soll aber noch vom alten Kollegium getroffen werden. Kostelka und Brinek gelten in der Sache als Bremser.

Anforderungen gestiegen

Das Thema sorgt für Aufruhr oder eben Diskussionen, wie es Geschäftsstellenleiter Thomas Sperlich nennt. Die Kommissionsleiter wollen dazu nicht Stellung nehmen. Das gehöre nicht in die Medien, meint Franjo Schruiff, einer der sechs Chefs der regional organisierten Kommissionen. Dessen Kollege Manfred Nowak, ein international renommierter Menschenrechtsexperte, weilt derzeit im Ausland und war für den STANDARD nicht erreichbar. Er soll als informeller Sprecher der Gruppe fungieren. Andere Vertreter, die nicht namentlich genannt werden wollen, betonen, dass es nicht um das persönliche Einkommen gehe. Die Anforderungen qualitativer wie quantitativer Natur seien enorm gestiegen. Der Aufwand lasse sich in dem vorgegebenen Korsett der pauschalen Entschädigung nicht unterbringen. "Ohne Aufstockung müssen wir die Besuche massiv zurückfahren."

Zudem benötige man eine bessere Infrastruktur, sagt ein Kommissionsleiter. Wert gelegt wird überdies darauf, dass die Diskussionen schon seit geraumer Zeit liefen. Der Konnex zum baldigen Abgang zweier aktiver Volksanwälte und zum Zugang des FPÖlers Fichtenbauer sei somit völlig konstruiert.

Von Schubhaft bis Pflegeheim

Das Expertengremium entstand vor knapp einem Jahr aus dem früher im Innenministerium angesiedelten Menschenrechtsbeirat. Unter dem Dach der Volksanwaltschaft wurden die Kommissionen inhaltlich aufgewertet: Sie prüfen nicht mehr nur Polizeieinrichtungen, sondern etwa auch Justizanstalten, Schubhaftzentren, Pflegeheime und psychiatrische Anstalten auf die Einhaltung der Menschenrechte. Damit wurden entsprechende Uno-Abkommen gegen Folter, unmenschliche Behandlung oder Strafe sowie Teile der Behindertenrechtskonvention in Österreich umgesetzt.

Neben Nowak und Schruiff amtieren Ernst Berger, Angelika Vauti, Reinhard Klaushofer und Karin Treichl als Kommissionsleiter. Daneben gibt es 42 einfache Mitglieder des Gremiums, deren Entschädigung aber nach Tagen abgerechnet wird. Zwar gebe es auch hier Diskussionen über die Höhe, diese seien aber weniger intensiv, ist zu hören. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 28.5.2013)