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Google-Mitgründer Sergey Brin mit Google Glass.

Foto: AP

Die Memoto-Kamera (im Foto am T-Shirt-Kragen befestigt) nimmt alle zwei Minuten ein Foto auf.

Foto: Memoto

Kamerahandys, Street View, Facebook: neue Technologien und Dienste haben in den vergangenen Jahren immer wieder Fragen rund um die Privatsphäre aufgeworfen. Jederzeit fotografiert und im Internet zur Schau gestellt werden können, ist eine Befürchtung vieler Menschen. Mit "Wearable Electronics" wie die Datenbrille Google Glass erlebt die Diskussion einen neuen Höhepunkt.

Erst wenig Erfahrungsberichte

Persönliche Erfahrungen mit Google Glass sind bislang nur einem sehr kleinen Kreis an NutzerInnen vorbehalten. Dem Normalverbraucher bleiben vorerst nur Berichte aus zweiter Hand. Der WebStandard konnte die Brille im Rahmen der Google I/O kurz ausprobieren. New-York-Times-Autor Nick Bilton schildert seine bisherigen Erlebnisse mit der Datenbrille als ambivalent.

Zwei Seiten einer Medaille

Als er die Brille zum ersten Mal ausprobieren konnte, sei er vom Potenzial der neuen Technologie sehr beeindruckt gewesen. Einige Zeit später habe er auf einer Veranstaltung jedoch eine andere Seite kennengelernt: dort hätten bereits mehrere Gäste Google Glass getragen. Er sei erschrocken gewesen, wie weit die Datenbrille in die Privatsphäre der Menschen eindringe. Die Gäste hätten nur zwei Optionen: permanent im Feld einer Kamera zu sein oder den Raum zu verlassen.

Kein Google-Thema

Das Thema ist nicht auf Google Glass beschränkt. Ähnliche Gadgets gibt es bereits am Markt: die "Lifelogging"-Kamera Memoto nimmt alle zwei Minuten ein Foto auf und lädt die Bilder ins Web. Mit Abmessungen von lediglich 36 x 36 x 9 mm kann sie leicht an Jacke oder T-Shirt befestigt werden. Auch andere Hersteller wie Samsung, Microsoft oder Apple arbeiten an tragbaren Gadgets.

"Rebellion" gegen erste Fotoapparate

Auch ist die Diskussion keineswegs neu. Autor und Journalismus-Professor Jeff Jarvis erinnert daran, dass ähnliche Bedenken bereits beim Aufkommen der ersten Fotoapparate geäußert wurden. Schon in den 1890er-Jahren habe es Aufregung gegeben, dass Personen ohne ihre Einwilligung in der Öffentlichkeit fotografiert werden können. Die New York Times schrieb damals von einer "Rebellion gegen die promiskuitive Nutzung von Fotoapparaten".

Skepsis lässt schnell nach

Thad Starner vom Georgia Institute of Technology und technischer Berater des Google-Glass-Teams, spricht in diesem Zusammenhang von "sozialer Angemessenheit", die von Trägern solcher Geräte beachtet werden müsse. Er geht davon aus, dass die meisten Personen respektvoll seien und tragbare Computer nicht unangemessen einsetzen würden. Bei vielen Personen würde die anfängliche Skepsis gegenüber Gadgets wie der Datenbrille schnell nachlassen. Nach zwei Wochen würden die meisten Starners tragbare Computer bereits ignorieren.

Beim Design auf Privatsphäre achten

Die Entwickler solcher Geräte müssten schon beim Design auf die Wahrung der Privatsphäre achten. Google Glass besitze etwa ein transparentes Display, damit andere Personen sehen können, was der Träger macht. Er selbst setze die Brille ab, wenn er private Orte wie eine Toilette aufsuche.

Soziales Gespür

Andere Personen zeigen weniger soziales Gespür. So gab es viel Aufregung um ein Foto, das Tech-Blogger Robert Scoble mit seiner Datenbrille unter der Dusche zeigte. Auf Twitter hatte er auch zugegeben, die Brille auf öffentlichen Toiletten zu tragen. Im Rahmen der Keynote auf der Google I/O sagte Google-CEO Larry Page, dass er mit diesem Foto von Scoble nicht sehr glücklich gewesen sei.

Fragen klären

Letztendlich wird man abwarten müssen, wie sich die Technologie entwickelt und ob sie überhaupt am Massenmarkt angenommen wird. Google Glass soll erst 2014 offiziell auf den Markt kommen. Bis dahin müssen noch einige Fragen geklärt werden, was auch seitens der Politik bereits gefordert wird. Eine frühzeitige Verdammung und Verbannung von Google Glass und Co dürfte allerdings für niemanden zielführend sein. (br, derStandard.at, 27.5.2013)