Die Stadträtinnen Ulli Sima und Sonja Wehsely nutzten die vergangene Woche, um sich etwas Gutes zu tun - in einem Wiener Seniorenheim. Die heißen jetzt "Häuser zum Leben", was die Frage aufwirft, wofür sie zuvor bestimmt waren. Hm.

Die Politikerinnen waren zu Gast, um ein Kochbuch des "Kuratoriums Wiener Pensionisten-Wohnhäuser" zu präsentieren - ja, das gibt's jetzt auch. Dabei wurden Kostproben gereicht, was den Volksvertreterinnen von Herzen vergönnt sei.

Denn es scheint geschmeckt zu haben. Wehsely konnte ihre Begeisterung kaum bremsen und erklärte, dass die Speisen aus der Großküche "dem Vergleich mit Sterne-Restaurants absolut standhalten". Schau an. Man könnte das als gefinkelten Hinweis an die Wähler deuten, dass ein Stadtratsgehalt längst nicht mehr ausreiche, um so ein Etablissement aufzusuchen. Und es ergo ganz natürlich, ja sogar zu begrüßen sei, dass Wehsely so gar keinen Schimmer hat, wovon sie da redet.

Es könnte aber auch als Drohung gemeint sein: Dass die Sternehütten der Stadt, vom Steirereck abwärts, ihre Küchen schleunigst zuzusperren hätten - wo es im Pensionistenheim inzwischen doch mindestens so gut schmecke.

Viel zu böse, um wahr zu sein, ist schließlich der Verdacht, dass der Oberphäake im Rathaus eigentlicher Empfänger der Botschaft ist: als freundschaftlicher Hinweis, wie köstlich er es schon demnächst in der Pension haben wird. (Severin Corti, DER STANDARD, 27.5.2013)