Emilio Riva mischte auch in der Politik mit.

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Der 86-jährige Gründer des größten italienischen und viertgrößten europäischen Stahlkonzerns Ilva, Emilio Riva, steht nicht nur unter dem Verdacht der fahrlässigen Tötung. Die Mailänder Staatsanwaltschaft hat inzwischen auch Vermögenswerte der Familie Riva im Wert von 8,1 Milliarden Euro beschlagnahmen lassen.

Der greise Unternehmer, der sich wegen seines fortgeschrittenen Alters in Hausarrest und nicht hinter Schloss und Riegeln befindet, wird auch der Steuerhinterziehung, des Betrugs und der Geldwäscherei verdächtigt. Sohn Fabio wurde in London fest­genommen. Er soll der Drahtzieher der Kapitalflucht von gut einer Milliarde Euro gewesen sein, die über acht Treuhandgesellschaften in verschiedensten Steueroasen investiert wurden.

Fabio Riva soll in den nächsten Wochen ausgeliefert werden und dann seinem Bruder Nicola und weiteren Unternehmensmanagern im Gefängnis Gesellschaft leisten. Emilio Riva soll durch unterlassene Investitionen in Umweltschutzanlagen den Tod sowie Krankheitsfälle von zig Mitarbeitern im Stahlwerk Ilva im süditalienischen Taranto mitverursacht haben.

Der in Mailand geborene Riva hat sein Imperium von der Pike auf errichtet. In der Nachkriegszeit verdienten sich die beiden Brüder Emilio und Adriano durch Schrotthandel das Anfangskapital für die 1954 gegründete Riva & C. Das Unternehmen stellte zunächst Eisen-und Stahlprodukte aus Schrott her.

Erst in den 1970er-Jahren gelang dem "stählernen Unternehmer" durch Zukäufe der Einstieg in das Wachstumssegment Langprodukte, Profil-, Stab- und Betonstahl. Die "gefräßigen Brüder", wie sie genannt wurden, setzten dann ihre Expansion durch Akquisitionen im In- und Ausland fort.

Sie profitierten auch von der Privatisierung der italienischen Stahlindustrie und dem Fall der Berliner Mauer. Emilio Riva war nicht nur in der Familie als autoritärer "Padrone" gefürchtet - Frauen hatten bei ihm nichts zu sagen. Im Konzern herrschten eiserne Regeln, Transparenz war verpönt. "Wir sind ein Familienunternehmen, unser Bedürfnis, die Öffentlichkeit zu informieren, darf begrenzt sein", hieß es.

Riva mischte aber auch in der Politik mit. Nur so gelang es ihm, die strengen Umweltvorschriften zu umgehen. Als Gegenleistung dafür engagierte sich Riva bei Italiens maroder Airline Alitalia. Der damalige Regierungschef Silvio Berlusconi soll ihn persönlich dazu aufgefordert haben. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, 27.5.2013)