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"Wir sind Briten, steht zusammen, seid stark", prangt auf dem Auto vor der Kaserne in Woolwich, wo sich der Mord ereignet hatte. Kritik gab es an der Veröffentlichung eines Videos mit den Tätern.

Foto: EPA/Arrizabalaga

Zwei Tage nach dem Terrormord von Woolwich hat in London die Debatte über mögliche Konsequenzen begonnen. Politiker und hohe Polizeiführer kritisierten die Veröffentlichung eines Videos, in dem einer der blutverschmierten Täter islamistische Hassparolen von sich gibt. "Diese Leute wünschen sich Publizität, und die Medien haben ihren Wunsch erfüllt", sagte Peter Fahy, der Polizeipräsident von Manchester, dem Heimatort des Mordopfers Lee Rigby. Der Inlandsgeheimdienst MI5 muss sich kritische Fragen gefallen lassen, weil das Täterduo seit Jahren unter Beobachtung stand.

Vor acht Jahren im Visier

Zwei islamistische Fanatiker hatten den 25-jährigen Soldaten Rigby am Mittwoch vor einer Kaserne im Südosten Londons angefahren und dann mit Messern auf ihn eingestochen. Laut Scotland Yard ergab die Obduktion keine klare Todesursache. Nach ihrer Tat ließen sich die Briten nigerianischer Herkunft von Passanten filmen und gingen beim Eintreffen bewaffneter Polizeikräfte mit Messer und Pistole auf diese los.

Auf dem Video eines Anwohners ist zu sehen, wie beide von Polizeischüssen getroffen zu Boden sinken. Insgesamt fielen acht Schüsse. Die Schwerverletzten blieben am Freitag unter Polizeibewachung in der Klinik. Sie wurden in Presseberichten als Michael Adebolajo, 28, und Michael Adebowale, 22, identifiziert. Nach Haussuchungen in den Wohnungen des Duos nahm die Sonderkommission zwei weitere Personen vorläufig fest, ließ sie dann aber wieder frei.

Adebolajo stand offenbar bereits vor acht Jahren erstmals im Visier des Geheimdienstes, auch Adebowale war bei MI5 kein Unbekannter. Deren früherer Leiter Jonathan Evans hatte 2007 von rund 2000 Islamisten gesprochen, die "eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen".

Schwierig zu lesende Signale

Freilich sei es enorm schwierig, die Signale richtig zu lesen, gibt der frühere MI5-Führer Richard Barrett zu bedenken: "Zu welchem Zeitpunkt kippt ein junger Mann ab und wird zum potenziellen Gewalttäter?" Ob der Geheimdienst sich Versäumnisse vorwerfen lassen muss, soll nun der zuständige Parlamentsausschuss unter Leitung von Ex-Außenminister Malcolm Rifkind untersuchen. Es gebe da "völlig berechtigte Fragen", teilte Rifkind mit.

Islamische Geistliche und der Dachverband der Muslime Großbritanniens distanzierten sich klar vom Extremismus, was der zuständige Minister Eric Pickles als Erfolg wertete. Anders als nach den Attentaten vom Juli 2005 sei kein Zweifel entstanden, wo "die große Mehrheit der Muslime in unserem Land stehen".

Für neue Aufregung sorgte am Freitag das Notsignal eines Jets der pakistanischen Airline PIA, der sich im Anflug auf Manchester befand. Zwei Kampfjets der Royal Air Force fingen das Flugzeug ab und geleiteten es zum Londoner Airport Stansted. Zwei Männer wurden wegen Gefährdung der Flugsicherheit festgenommen, ihre Bombendrohung stand offenbar nicht mit dem Woolwich-Mord in Zusammenhang. (Sebastian Borger, DER STANDARD, 25.5.2013)