Rudolf Komaromy (Vorsitzender Tourismusgewerkschaft), Wilfried Kropp (Geschäftsführer Amadeus), Michaela Reitterer (Hotelier-Präsidentin) und Andreas Sturmlechner (Geschäftsführer des touristischen Trainingsinstituts TTC) im Standard beim Karrierenforum.

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Die Präsidentin der heimischen Hoteliers (ÖHV) und Eigentümerin des Boutiquehotels Stadthalle, Michaela Reitterer, ausgezeichnet mit dem Staatspreis für Tourismus, dem Klimaschutzpreis und einer weiteren Reihe schmückender Ehrungen, tut sich nicht schwer mit einem leidenschaftlichen Eingangsstatement: "Ich finde diesen Job toll. Dienstleistung ist der Beruf des Jahrhunderts." Als Hotelière (und Modul-Absolventin) tut sie sich auch vergleichsweise leicht in der großen Grauzone der Klischees und Negativ-Images, mit denen touristische Berufe auch behaftet sind. Rudolf Komaromy, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Tourismus in der Gewerkschaft Vida, liebt seinen Beruf (er ist seit 30 Jahren im Hotel Intercontinental) ebenfalls sichtlich.

Aber die Gesamtsituation der Branche, die 16 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt und zu der jeder fünfte Vollzeitjob gerechnet wird, ist aus seiner Perspektive anders - das Mittel gegen die Klagen über den Mangel an Fachkräften (2012 wurden über 60.000 Köche, Kellner, Reinigungskräfte nicht gefunden, was den Tourismus und da die Asylwerber jüngst auch in den Wahlkampf gezogen hat) ist für ihn einfach und klar: "Investieren in die Ausbildung."

Zweite Sprache in den Berufsschulen

Auch, so Komaromy, um der Tendenz, dass vor allem die Gastronomie zu einer Durchgangsbranche wird, entgegenzuwirken. Vida wünscht sich da zunächst eine verpflichtende zweite Sprache in den Berufsschulen und deutlich mehr Unterrichtsstunden. Der von Reitterer und der ÖHV gewünschten modularen Ausbildung und späteren Spezialisierung (um Entwicklungswünsche offenzuhalten) inklusive eigenem neuem Lehrberuf für die Rezeption steht Komaromy skeptisch gegenüber.

"Keine neuen Schmalspurberufe", heißt das im Gewerkschaftssprech. Die Lehre als Hotel- und Gastgewerbe-Assi decke dies sowieso ab.

Dass aber laut Andreas Sturmlechner, Geschäftsführer des Travel Training Center - als Tochter der Europäischen Reiseversicherung ein spezifisches Weiterbildungsinstitut für touristische Unternehmen -, die Lehrpläne in den Berufsschulen hinsichtlich Relevanz der vermittelten Inhalte durchforstet gehören, nickt die Runde ab. Wilfried Kropp, Geschäftsführer von Amadeus (Anbieter von Reisevertriebssystemen), beobachtet "sorgenvoll" die Defizite der Mitarbeiter bei seinen Reisebürokunden in Marketing, Social Media und IT.

Kropp: "Diese Themen kommen in den touristischen Schulen nicht angemessen vor." Der heimische Reiseverband habe diesbezüglich nun Initiativen gestartet. Das Thema sei vor allem in der Reiseberatung (" Reisebüros als elektronischer Scherbenhaufen?", wie Kropp fragt) relevant. Nachsatz aus seinem Unternehmen: Er rekrutiere sehr gerne FH-Absolventen, da erlebe er wiederum "elementare Mängel".

Weiterbildung

Reitterer: "Ja, wir haben viele Wünsche, aber wer bildet die Lehrer dafür aus?" Komaromy erinnert an das duale System und nimmt auch die Betriebe stärker in die Pflicht. Ob das nicht ein eigenes Thema bei so großer Fluktuation sei? "Wen ich ausbilde, der wird mir abgeworben, wen ich nicht ausbilde, der bleibt mir", zitiert Sturmlechner und attestiert den Unternehmen grundsätzlich eine sehr hohe Weiterbildungsbereitschaft. Für die rund 1500 Absolventen der Angebote in seinem Institut hat er auch gut durchgerechnete Return-on-Investment-Beispiele für die Renditen der investierten Weiterbildungseuros. Außerdem, so Sturmlechner ganz im Stile PR-erfahrener Weiterbildungsanbieter: Die Guten hätten längst erkannt, dass dies Mitarbeiter binde, und die großen Ketten hätten ohnedies ihre eigenen Akademien. Dass die touristischen Bereiche grundsätzlich auch gut geeignet für den Wiedereinstieg oder -umstieg seien, bejaht Gewerkschafter Komaromy und weist auf recht erfolgreiche Unterstützungsmaßnahmen des Arbeitsmarktservice AMS hin.

Der Imagemakel von quasi unberechenbarer Bezahlung (Gastronomie) und von familienunfreundlichen Arbeitszeiten sei zuerst einmal durch bundesweit einheitliche Kollektivverträge zu bessern und durch Abrücken von den Umsatzprozenten zur Festlegung, sagt er. Dann gehe es um Investitionen in Aus- und Weiterbildung.

"Success-Stories", so Amadeus-Chef Kropp, müssten viel intensiver kommuniziert werden, um die Attraktivität der Branche zu steigern.

Die Präsidentin der Hoteliervereinigung stört noch ein statistisches Detail, und sie formuliert eine Botschaft: Die Arbeitslosenstatistik beziehe sich auf die letzte Beschäftigung (bei Jobverlust ist oft ein touristisches Engagement der Überbrücker) und nicht auf den erlernten Beruf, das verunziere die Arbeitslosenstatistik im Tourismus und gehöre geändert - apropos Image. (Karin Bauer, DER STANDARD, 25./26.5.2013)