Nicht aus Roentgens Werkstatt in Neuwied, sondern aus dem Atelier eines Fälschers.

Foto: Van Ham/Montage: Standard

Ende März und damit knapp vor Annahmeschluss der jüngsten Frühjahrsauktion (16.-18. 5.) bei Van Ham (Köln) wurde ein Möbel eingeliefert, das Experte Christoph Bouillon nur allzu gerne annahm: ein ovales Tischchen, das er angesichts der angeblichen Autorenschaft als museal einstufte. Denn die in der Werkstatt von David Roentgen im Auftrag von Fürsten- und Adelshäusern kreierten Möbel gelten in der Branche quasi als das Nonplusultra historischer Tischlerkunst.

In der im April verschickten Aussendung war das klassizistische Verwandlungsmöbel noch als Höhepunkt avisiert worden, dem man im Anfang Mai publizierten Auktionskatalog einen dreiseitigen Beitrag widmete: Auf etwa 60.000 bis 80.000 Euro beliefen sich die Erwartungen für das um 1785/90 datierte Objekt. Ein stattliches Sümmchen, das dem Einbringer, angeblich ein nordrhein-westfälischer Privatsammler, in Aussicht gestellt wurde.

Wann genau Experte Bouillon Zweifel kamen und ob diese womöglich von anderen Fachleuten genährt wurden, ist nicht bekannt. Jedenfalls zog man vor etwa zwei Wochen einen Restaurator zurate. Das Möbel wurde zerlegt, akribisch untersucht und die vermeintliche Krönung des Angebotes europäischen Kunsthandwerks schließlich eindeutig als Fälschung entlarvt: anhand von Fehlern, wie Geschäftsführer Markus Eisenbeis bestätigt, die er nicht spezifizieren möchte, um keine Anleitung für Fälscher zu liefern.

Offiziell wurde der Tisch vor der Auktion zurückgezogen. Hinter den Kulissen hatte das Auktionshaus jedoch Anzeige erstattet und fanden in der Umgebung von Münster Hausdurchsuchungen statt: Konkret in der Wohnung und in der Werkstatt des Einbringers, der laut Van Ham Möbelrestaurator und Kunsthändler sein soll. Dabei wurden etwa Beschläge und Konstruktionszeichnungen sichergestellt, die offenbar eindeutige Indizien lieferten.

Wie viele solcher Möbel der Fälscher, der sich wegen versuchten Betrugs verantworten müssen wird, bereits produzierte, ist noch Gegenstand von Ermittlungen der Kriminalpolizei. Laut dem deutschen Handelsblatt sei ein weiterer Tisch gesichert, der vergangenes Jahr im Auktionshaus Piasa (Paris) auftauchte. (kron, Album, DER STANDARD, 25./26.5.2013)