Wenn die Sonne der Vernunft tief steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten. Am Donnerstagabend stand die Sonne im Wiener Volksgarten verdammt tief: Schließlich gab es den Zwischenstopp des organisierten Supercar-Schaulaufs namens Gumball 3000 zu bewundern.

Seit 15 Jahren sucht der Tross die Kontinente heim, neben diversen Superreichen fühlen sich vor allem Sportler, Musikkünstler und allerlei Glamour-Babes von dem Programm angesprochen. Ein limitierter Zirkel - diesmal gaben sich 120 Teams die Gruppenreise - und 41.000 Euro Startgeld garantieren die gewünschte Exklusivität, untertags wird gefahren, abends in diversen Clubs die Reisekasse verheizt.

Spektakuläre Story

2013 nahm die mobilisierte Party in Kopenhagen ihren Ausgang, die Route führte über Stockholm, Helsinki, Sankt Petersburg und Warschau nach Wien, Endstation ist standesgemäß Monte Carlo. Dazwischen liegen etwa 5.000 Kilometer Straße und eine spektakuläre Story, die seit Jahren ungefähr so erzählt wird: "Ein paar durchgeknallte Millionäre mit zu viel Tagesfreizeit brettern mit überzüchteten PS-Monstern und aparten Blondies am Beifahrersitz durch die Gegend, toppen sich gegenseitig beim Übertreten diverser Verkehrsregeln und werfen dem alarmierten Streifenpolizisten gelangweilt ein Bündel Dollarscheine vor die Füße."

Doch die Story vom illegalen Straßenrennen für das Geld-Proletariat ist bestenfalls ein Marketingschmäh. Was 1998 noch mit anarchistischer Verve begann, ist heute eine Werbeveranstaltung mit angeschlossenem Autokorso. Pseudo-individueller folierter Camouflage-Look für die Autos, die Sponsoren ordentlich aufgepickt, bis in die Zehenspitzen gebriefte Teilnehmer.

Law-and-Order-Staffage

Polizeiaktionen? Ja, aber nur mit medialer Begleitung. Die Exekutive spielt als Law-and-Order-Staffage freundlich mit, gute Bilder sind schließlich gewiss. Am Ende des Gumball warten auf die Teilnehmer Preise für "Spirit" und Originalität. Zeitnahme? Nur beim Warten auf die Crevetten im Restaurant, bestenfalls. Kurzum: Der stramme Furz der Anarchie, das war einmal. Im Jahr 2013 ist das Gumball bloß ein Blubbern im Jacuzzi.

Dieses war dann auch das eine oder andere Mal am Checkpoint Volksgarten zu vernehmen, was immerhin 3.000 Schaulustige anlockte.

Ab 17 Uhr trudelten die schrillen Gäste ein. Mercedes G-Klasse war dieses Jahr besonders beliebt.

Foto: derstandard.at/schlögl

Aber auch das Haus Ferrari war stark im Teilnehmerfeld vertreten. 458, FF, F12berlinetta - alles da.

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Einige Showcars fanden auch den Weg in die Bundeshauptstadt, so eine Ausgabe des legendären K.I.T.T. Der Nebendarsteller der Serie "Knight Rider", David Hasselhoff, ist seit Jahren treuer Freund des Gumball und hatte sich für später am Abend angekündigt.

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Eine Innenansicht des Hauptdarstellers.

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Bohrende Fragen an den Fahrer, irgendeinen Fun-Sportler. (Ergänzung um 17 Uhr: Gerne folge ich dem Hinweis eines Foristen. Es handelt sich um den Österreich-Veranstalter Georg Fechter.)

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Das Publikum stellte sich hauptsächlich zwei Fragen: Wo bleibt "The Hoff"? Wo bleibt vor allem jenes Team, das den aktuellen Dienstwagen von "Batman" namens "Tumbler" nachgebaut hat und sich tapfer gen Wien wälzt?

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Jens Byggmark stellte sich keine Fragen mehr, er war von Warschau relativ gemütlich nach Österreich getschundert. Der schwedische Skirennfahrer ist übrigens ein schönes Beispiel dafür, dass nicht nur Problembären das Gumball für ihre Show nutzen. "Jetzt sieht jeder, wie mein Sommertraining aussieht", meinte der Schwede mit einem Augenzwinkern. Die Fahrerei sei "eher langweilig", aber die Kontakte mit den anderen Teilnehmern, die Party an sich, "very cool".

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Nicht minder beeindruckend ist Byggmarks Chevrolet Camaro. Im Bild: 750 PS. Die braucht er nur für Burnouts, sagt Byggmark.

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Sie kommen aber auch bei den Fans gut an.

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Etwa alle zehn Minuten kündete ein Röhren, Grummeln und Sprotzen von der Ankunft des nächsten Gastes. Hier ein Bentley.

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Hier ein Mercedes SLR.

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Eine der beliebten G-Klassen.

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Porsche 911 Turbo Cabriolet.

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Und dann kam ein echtes Highlight:

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Ein Mercedes SLR Stirling Moss, die Supersportversion des SLR, erkennbar am fehlenden Dach.

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Von der Edition Stirling Moss wurden bloß 75 Einheiten gebaut. Neupreis: 750.000 Euro ohne Steuern.

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Der stolze Besitzer.

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Das frickelige Zudosen des Geräts.

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Doch da plötzlich: "Da Hässlhoff"? Nein. Bloß ein österreichischer K.I.T.T.-Nachbau.

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Im Parc fermé war nicht gerade Ekstase angesagt. Auspacken, ein wenig posen, dann mit dem Shuttle ins Ritz Carlton.

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Hier zeigt sich ein Norweger. Alles fein? Sure. Welcher Beruf ermöglicht einen SLR in der Garage? "Property-Business." Und wie läuft das Immo-Geschäft im hohen Norden? "Very, very good."

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Unterdessen liefen weitere Freunde des ostentativen Autofahrens ein. Aston Martin Vantage.

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Aston Martin Vanquish

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Porsche 911 GT2

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Einlauf des einzigen österreichischen Teilnehmers beim Gumball 3000. Das Gerät: ein für diesen Zweck sicher angenehmer BMW X6 M50d. 381 PS und eine Tröte garantierten einen umjubelten Auftritt.

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Fahrer Gerhard Brychta im Kreis der Familie. Für den pensionierten Unternehmer (Sicherheitstechnik!) ist die Action einfach "ein echter Spaß". Strafmandate hat er laut Eigenauskunft seit Kopenhagen nicht ausgefasst. Brychta, ein passionierter Autofreak, will nicht so recht in das Bild des blasierten Geldsacks passen. "Mit vielen Leuten zusammenkommen", das taugt dem Niederösterreicher.

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Der Exekutive taugte vor allem, dass sich die Gumballer ziemlich handzahm gaben. "Die Fußgänger, die vor die Autos laufen, sind unser größtes Problem", meldete der Einsatzleiter.

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Unterdessen ließ der Enthusiasmus bei den Kiebitzen deutlich nach. "Des zaht si ziemlich", wurde vom Zaun herunter geargwöhnt.

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Irgendwann kam nach einer Reihe aufgezwirbelter Supercars endlich ein richtiges Auto: ein Lamborghini Countach.

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Erste Tat des schwedischen Besitzers nach dem Einparkmanöver: ein kleiner Motor-Check.

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Zur Belohnung für die Strapazen gab's für den Zwölfzylinder einen Liter Motoröl.

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Großes Ballyhoo angesichts dieses Gumballers namens Ultima GTR Rebellion. 500 PS haben hier mit einem 990-Kilo-Body leichtes Spiel. Kommt aus England und bricht regelmäßig diverse Streckenrekorde.

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Die Eher-nein-Reiselimousine wird von Jon Olsson, einem schwedischen Ski-Freestyler, bewegt. Tapfer seine Lebensgefährtin Janny Delér (im Bild links).

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Im Übrigen wurden Traumwagen identifiziert.

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Und Traumwagen fotografiert.

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Und dann war da noch Viktoria, eine Zuschauerin, die sich nichts sehnlicher wünschte, als neben einem Aston Martin fotografiert zu werden. Was wir prompt ermöglichten. Die Gemeindebedienstete hat übrigens einen Aston ganz oben auf der Einkaufsliste stehen. "Andere fahren auf Urlaub und kommen grantig nach 14 Tagen zurück, ich will jeden Tag in die Garage gehen und was Schönes sehen", bringt die Wienerin ihre Motive auf den Punkt.

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Die Stunden vergingen. Kein "The Hoff", kein "Tumbler". Nur völlig banale Ferraris, Porsches, Benzen. Man stumpft mit der Zeit ein wenig ab, zugegebenermaßen.

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Auf einen automobilen Lichtblick ...

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... folgten weitere Posing-Maßnahmen.

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Gnädig begann sich die Dunkelheit über die Szene zu legen.

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Und dann kam er. Ein TG1 genanntes Einzelstück vom Team Galag. Drunter: ein Nissan GT-R. Drüber: ein nach neun Monaten aufgebauter Individual-Body aus Karbon.

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Der Besitzer aus Saudi-Arabien, ein überaus sympathischer, freundlicher Mann, den nur eine Frage etwas aus der Spur warf. Profession? "Äh ..."

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Die finstere Nacht zerschoss dann am späten Abend dieses Stück. Ein von Finnen betriebener blauer Elefant.

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Ein sehr cooles Fun-Car mit exaltierten Reisenden.

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Die Crowd im Volksgarten war entzückt. Die Ankommenden nicht minder. Der heiß erwartete David Hasselhoff hatte in der Zwischenzeit das einzig Richtige getan und sich nach einer kleinen Runde vor den johlenden Fans Richtung Hotel verabschiedet. "Tumbler" rumpelte noch immer Wien entgegen.

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Es war also Zeit zu gehen. Gerade rechtzeitig vor der angedrohten Aftershow-Party. (Stefan Schlögl, derStandard.at, 24.5.2013)

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Gumball 3000

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