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"Gebrochenes Selbst" 1976
Foto: APA/ALBERTINA/FLORENTINA PAKOSTA
Wien - Die Siebzigerjahre, eine Ölschock-gebeutelte und aus den utopisch-psychedelischen Euphorien und Revolutionen der 60er sich verabschiedende pessimistischere Dekade: In diese Zeit passten die Bilder von Florentina Pakosta perfekt, obwohl die von ihr angewandten grafische Künste, noch dazu schwarz-weiß, vordergründig nicht so trendy erschienen.

Aber die Themen, alte und quasi ewige Themen, die zu der Zeit wieder aktuell waren, kamen gerade recht. Und auch einigermaßen neue: "Gibt es eine Frauenkunst?", fragte man anlässlich der von Vorstandsmitglied Pakosta organisierten Ausstellung mit bildenden Künstlerinnen, "Secessionistinnen 1978".

Austauschbare wie festgefahrene männliche Macht(gesten) fand(en) Einzug in die Bildwelt der Pakosta, gefiltert zuweilen durch den Blick des genialen Bildhauers Franz Xaver Messerschmidt, umgesetzt in konstruiert geometrisch-symbolistischem Stil.

Psychologisch, realistisch

"Frühe Grafiken und Ölbilder (bis 1960) belegen ein vorwiegend psychologisches Interesse. Von realistischen Zeichnungen gesellschaftlicher Randexistenzen über expressionistische Bister- und Bleistiftzeichnungen führt die Entwicklung zur Auseinandersetzung mit dem Werk des im 18. Jahrhundert lebenden Bildhauers F. X. Messerschmidt", steht in Pakostas eigenem Statement zu ihrem bisherigen Werk.

Seltsam entfremdete, gleichgeschaltete, weil auch sämtlich glatzköpfig-entindividualisierte Männerköpfe verschmolzen auf ihren in Mischtechnik gefertigten Tusche-Kreide-Zeichnungen mit Gegenständen wie Scheren oder Revolvern: Varianten von "body extensions", wie sie Valie Export oder Maria Lassnig erdachten, jedoch nicht wie bei jenen auf den eigenen Körper bezogen. Heute kann man auch Vorgriffe auf Gentechnik-Experimente daraus lesen - das konnte man allerdings schon bei Hieronymus Bosch.

Der Einzelne und die Masse

Einzelne in der Masse sowie totalitäre Strukturen finden sich in Pakostas so genanntem "sozialkritischem Realismus". "Florentina Pakosta - eine Künstlerin als Zeugin republikanischen Sachverhalts" titelte ein Angewandte-Professor einen Katalogtext über die Künstlerin. Letztere (nie vordergründig) kritischen Arbeiten findet sich leider nur mit einem Bild in der jetzigen Albertina-Ausstellung anlässlich ihres 70. Geburtstages.

Schön, ihre akkurat vermessenen Gesichter vom "gebrochenen Selbst" bis "Ich bin doch wer!" abzugehen, ihre nahezu klassischen, überdimensionalen Handstudien. Wie aktuell und kraftvoll ihre jüngste Produktion ausfällt, wird leider vorenthalten. Die zeitlos anmutenden, kraftvoll-konstruktivistischen "tricoloren Bilder", welche Elfriede Jelinek übrigens in einem "Brief an Florentina Pakosta" im Jahre 1998 beschreibt und deutet, fehlen hier.

Bleibt die Hoffnung auf baldige Fortsetzung, eine richtige Personale. Bis 24. 8. (dok/DER STANDARD, Printausgabe 23.07.2003)