Ende der Neunzigerjahre gingen zahlreiche Unternehmen daran, ihre in den Bilanzen schlummernden Pensionsverpflichtungen in eigene Pensionskassen auszulagern. Eine vernünftige Idee, die auch den Arbeitnehmern zugute kam, die damit nicht mehr Gefahr liefen, durch Konkurs ihres Betriebes neben dem Job einen Teil ihrer Altersvorsorge zu verlieren.

Dass hier ein Risiko gegen ein anderes eingetauscht wurde, nämlich das fallender Aktienkurse, haben die Unternehmen in der Euphorie des Börsenbooms offenbar vergessen - oder im Bestreben, möglichst viele Arbeitnehmer zum Wechsel in die Pensionskasse zu bewegen, bewusst ignoriert. Versprechen von 7,5 Prozent Rendite erwiesen sich schon bald als Illusion.

Das Urteil des Obersten Gerichtshofes zu den ORF-Pensionen, das auch bei Banken, Sparkassen oder der Chemie Linz zur Anwendung kommen dürfte, bestätigt bloß das, was heute jeder Anlageberater weiß: Wer den Kunden nicht auf die Risiken hinweist, muss für Kursverluste haften. Bei Entscheidungen über die Altersvorsorge in Betrieben ist der Zwang zur Transparenz noch größer - und wurde oft sträflich vernachlässigt.

Schuld an der Misere tragen auch jene Pensionskassen, die ein einziges Anlagemodell für junge und alte Arbeitnehmer anboten. Während bei 30-Jährigen ein Übergewicht von Aktien Sinn macht, sollten 60-Jährige vor allem in Anleihen investieren. Das können Pensionskassen anbieten, wenn sie nur wollen.

Auch wenn einige Pensionisten jetzt entschädigt werden: Viele Österreicher haben bei ihrer ersten Begegnung mit kapitalgedeckter Pensionsvorsorge ein schmerzhaftes Lehrgeld bezahlt. Doch auch diese Erfahrung hat ihr Gutes: In Zukunft wird kein Gericht mehr zum Schluss kommen können, dass ein höherer Angestellter nichts von Finanzmarktrisiken wissen muss. (DER STANDARD Printausgabe, 19/20.7.2003)