Will soziales Verhalten erklären: Jasminka Majdandzic.

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Jasminka Majdandzic war schon als Kind ein Fan des Zoologen Desmond Morris (Der nackte Affe), der die Verhaltensweisen des Menschen auf dessen tierischen Vorfahren zurückführte. Aus diesem Grund beobachtete sie früh andere Menschen, neugierig und gleichzeitig distanziert: "Diese Denkweise ist bei mir wohl angeboren und passt zu meinem Job", erklärt die Forscherin.

Um Verhalten an der Schnittstelle von Biologie und Psychologie zu erklären, studierte sie an der Utrecht University Psychologie. Sie schöpfte aus dem Vollen, folgte all ihren Interessen und absolvierte viele Wahlfächer.

Für den PhD ging sie an die Radboud University Nijmegen und untersuchte Fragen der Motorik mit funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT). Sie hatte mit den Beschränkungen dieser Technik zu kämpfen und verlor mit dem Abschluss erst einmal die Lust auf Wissenschaft. Ohne hohe Erwartungen begleitete die heute 33-Jährige ihren Freund nach Wien. Heute forscht sie wieder leidenschaftlich gerne an biologischen Erklärungen für soziales Verhalten in der Social, Cognitive und Affective Neuroscience Unit der Universität Wien.

Als Postdoc beschäftigt sie sich mit (un)bewusster Imitation und sozialem Verhalten. Wenn Menschen (un)bewusst imitieren oder imitiert werden, mögen sie sich mehr. Die Frage ist: Warum? Um mögliche Ursachen zu trennen, muss die Forscherin natürliche Interaktion mit echten Menschen bei ihren Studien vermeiden. Zu rasch wirken zahllose Mechanismen, die Ergebnisse verzerren können. In der Versuchsanordnung hat die Testperson also einen Joystick, den sie spontan links, rechts oder gar nicht ausrichten kann.

Via Bildschirm und Webcam ist die Testperson vermeintlich mit zwei weiteren Personen verbunden. Der eine trägt ein rotes, der andere ein blaues T-Shirt. Ihre Köpfe sind nicht zu sehen (Stichwort: Störeffekt). "Bei der Sozialpsychologie muss man die Leute immer ein wenig anlügen", erklärt Jasminka Majdandzic und lässt den einen virtuellen Mitspieler häufig die gleiche Bewegung vollziehen, während der andere einem Zufallsmuster folgt. Beim darauffolgenden Glücksspiel kann die Testperson entscheiden, mit wem sie den Gewinn teilt.

Es zeigt sich, dass signifikant häufiger der sich kongruent bewegende anonyme Mitspieler gewählt wird, obwohl den Testpersonen übereinstimmende Bewegungen gar nicht aufgefallen sind.

Keinen Unterschied macht es, wenn sich ein Mitspieler gleichzeitig, aber entgegengesetzt bewegt. Es sieht so aus, als würde reine Nachahmung ohne Vorwissen über Charakter oder Ähnlichkeiten zu sozialem Verhalten führen. Für ein Projekt zur Rolle empfundener Ähnlichkeit von Gedanken und Vorstellungen bei Empathie für Schmerzempfinden hat sich die Holländerin auch wieder mit fMRT versöhnt, weil sie die Anwendung hier für sinnvoll hält.

Daneben betreut sie Diplomstudierende und hält ein Seminar, in dem sie vermitteln will, "dass es einen Unterschied zwischen Fakten und Interpretation gibt". Sie ist nicht leicht umzutopfen, fühlt sich aber inzwischen gut in Wien verwurzelt. Neben der Arbeitsgruppe schätzt Jasminka Majdandzic in Wien die Klettermöglichkeiten und führt ihr Pferd gerne in die hügelige Landschaft Niederösterreichs aus. (Astrid Kuffner, DER STANDARD, 22.05.2013)