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Thein Sein: Anerkennung und Kritik.

Foto: Reuters/Gripas

Ein Balanceakt zwischen strategischen Interessen und Einsatz für die Menschenrechte.

Washington – Mit dem Empfang des burmesischen Staatschefs Thein Sein am Montag im Weißen Haus wollte Präsident Barack Obama die Bedeutung des Landes für die Asien-Strategie Washingtons unterstreichen, dabei aber das globale US-Engagement für die Einhaltung der Menschenrechte nicht vernachlässigen. Dies auch vor dem Hintergrund neuer Kritik vor allem an der Minderheitenpolitik der burmesischen Führung.

Es war der erste Besuch eines burmesischen Staatschefs in Washington seit 1966. Damals em­pfing Präsident Lyndon B. Johnson Militärmachthaber Ne Win. Dieser hatte 1962 die Armee an die Macht geputscht. Es folgten Jahrzehnte innenpolitischer Repression und Unterdrückung ethnischer und religiöser Minderheiten. Erst Ende 2010 begann mit – umstrittenen – Wahlen eine schrittweise Lockerung. 2011 wurde Thein Sein, früher Chef der Militärregierung, zum Präsidenten ernannt. Unter anderem wurden die Wirtschaft liberalisiert und die Zensur gelockert. Nach Nachwahlen im April 2012 zog Friedensnobelpreisträgerin Aug San Suu Kyi, die viele Jahre unter Hausarrest gestanden war, ins Parlament ein. Die Mehrheit der Mandate wird aber immer noch vom Militär kontrolliert.

Mit seinem Besuch in Burma (Myanmar) im vergangenen November würdigte Obama die Reformen. Die USA haben inzwischen fast alle politischen und wirtschaftlichen Sanktionen gegen Burma ausgesetzt. Die EU ging noch weiter und hält seit dem Vormonat nur noch ein Waffenembargo aufrecht.

Kurz vor Thein Seins USA-Reise ließ Burmas Führung etwa 20 politische Häftlinge frei, unter ihnen den bekannten Oppositionellen Nay Myo Zin. Er sei eingeladen worden, "mit den Behörden am Reformprozess mitzuarbeiten" , sagte Nay Myo Zin. Dafür gebe es eine gute Basis. Auch die Partei von Oppositionschefin Aung San Suu Kyi begrüßte die Amnestie.

Dagegen sprachen Menschenrechtsaktivisten von einer plakativen Aktion vor dem Washington-Besuch
Thein Seins. "Diese Freilassungen sind ganz unverhohlen dazu gedacht, vor Thein Seins USA-Reise für eine gute Außenwirkung zu sorgen" , erklärte die britische Organisation Burma Campaign UK. In burmesischen Gefängnissen säßen weiterhin rund 200 politische Häftlinge. In den USA kritisieren sowohl Menschenrechtsgruppen als auch Abgeordnete der Repu­blikaner und der Demokraten, dass Obama der Führung Burmas zu schnell entgegenkomme. Deren Vorgehen etwa gegen die muslimische Minderheit in dem vorwiegenden buddhistischen Land habe sich seit der Lockerung der Sanktionen sogar noch verschärft.

Die Regierung Obama begründet ihre positiven Gesten gegenüber Thein Sein damit, dieser müsse etwas vorzeigen können, um sich gegenüber den konservativen Militärs durchsetzen zu können. Dahinter steht aber ein viel breiter gefasstes Kalkül: Mit seiner geopolitischen Lage soll das zudem noch rohstoffreiche Burma ein Schlüsselstaat in Washingtons Strategie werden, die Expansion Chinas in Südostasien einzudämmen. (red/DER STANDARD, 21.5.2013)