Wien ist eine wunderbare Stadt. Nur hier kann man Kurzdialoge erleben, die eine egomanische Doppelzüngigkeit zum gedeihlichen Zusammenleben von Autofahrern, Radfahrern, Fußgängern und der "Bim" zum Ausdruck bringen, wie es das nirgendwo gibt.

Ein Dialog geht so: "Heast, Oida, bist deppat, du Waunsinniga." - "Verzeihung!" - "Du Trottl, schasaugada, bist blind oda wos? Schleich di." Selber erlebt. Auf der Ringstraße. Er spazierte auf dem Fahrradweg. Ich Radfahrer überholte ihn von hinten, auf den Fußgängerstreifen ausweichend, weil er trotz Klingelns nicht reagierte. Er schreckte sich. Sein Fehler, mein Vergehen. Wohl jeder, der in ganz Wien unterwegs ist, kennt solche prekären Situationen zwischen den diversen Arten von Verkehrsteilnehmern.

Radfahrer bewegen sich in einer Sandwichposition. Im Vergleich zu Gehern sind sie relativ schnell, ein Risiko, im Verhältnis zu Autos aber sehr verletzbar. Nun soll keine Fortbewegungsart diskriminiert werden. Damit alle sich sicherer und rasch bewegen können, braucht es gute optische Leitsysteme, unverwechselbare Abgrenzung. Radwege einzufärben wäre bei steigendem Verkehrsaufkommen ein sinnvoller Schutz für alle und baut Stress ab. Beispiele gibt's in Europa viele. Die Signalfarbe Rot soll an gefährlichen Stellen bleiben. Aber schön verwittertes Grün auf übrigen Wegen wäre fürs Auge in einer pflanzenreichen Stadt durchaus angenehm. Weiß, Gelb, Blau sind ja vergeben. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 17.5.2013)