Wien - Die Schwedenbombe darf sich auf Geldgeber freuen. Reaktionen auf die in Aussicht gestellte Rettung fallen allerdings wenig schmeichelhaft aus. Von Verzögerungstaktik ist unter den Gläubigervertretern die Rede, von Tohuwabohu und Possen. Familie Niemetz als Eigentümer der insolventen Fabrik zog am Donnerstag Investoren aus dem Hut, die mehr als 4,1 Millionen Euro, und damit eine Barquote von 95 Prozent auf den Tisch legen wollen. Wer diese sind, darüber erhielten die Betroffenen keinen Einblick.

Der Sanierer Erhard Grossnigg, der vor einer Woche als möglicher Retter antrat, zog sich so rasch wie er gekommen war wieder zurück. Das Traditionsunternehmen Niemetz vertraut nun auf Südamerikaner - ohne dabei Namen zu nennen, was äußerst unüblich sei und keinen schlanken Fuß mache, sagt Creditreform-Chef Gerhard Weinhofer. Die Gläubiger segneten den Sanierungsplan ab, Skepsis bleibt. Das Geld muss bis Dienstag 24 Uhr auf dem Konto des Masseverwalters sein - andernfalls wird tags darauf in der Gläubigerausschusssitzung der Verkauf des Wiener Süßwarenherstellers eingeleitet.

Plan B steht: Der Tiroler Feinkostgroßhändler Interfood hat ein verbindliches Angebot gelegt und mit 4,3 Millionen Euro auf einem Treuhandkonto untermauert. Im Rennen um die Schwedenbomben sehen sich, motiviert von Gläubigerschützern, auch weitere Interessenten, wie Risikokapitalgeber Gamma Capital Partners und laut Kreditschutzverband die rumänische Meinl-Tochter Heidi Chocolat. Ihr sind die Schaumküsse gut drei Millionen Euro wert.

Wer den Zuschlag hält, muss Millionen Euro für neue Maschinen an einem neuen Standort aufbringen. Er hätte Niemetz gern erworben. Um den Betrieb am eigenen Standort zu integrieren - dafür sei dieser dann doch zu groß gewesen, resümiert der Wiener Confiseur Andreas Heindl.

Brüchige Solidaritätswellen

Marketingexperten wie Sabine Hoffmann, Chefin der Social-Media-Agentur Ambuzzador, bedauern, dass Niemetz nichts aus der starken Solidaritätswelle gemacht habe. Man hätte Themen, die via Facebook die Runde machten, aufgreifen müssen, den eigenen Fans eine Bühne oder Feedback geben können, sagt sie dem Standard. Doch Niemetz habe es bisher verabsäumt, Teil der positiven Bewegung zu werden. Alex Pesjak vom Institute of Brand Logic vergleicht die Kaufaufrufe im Zuge der Insolvenz mit einem Defibrillator nach einer Herzattacke. Niemetz habe als kleiner Betrieb Sympathie und Mitleid erweckt. Am Ende des Tages sei ein derartiger Hype, der genutzt werden müsste, um Listungen und Handelskontakte auszubauen, aber in schnelllebigen Zeiten rasch verflogen. "Dann zählen nur noch Qualität und Leistung."

Niemetz setzte in guten Jahren rund acht Millionen Euro um. Der Wert des Betriebs sind die Marke und die Rezepturen. Über Letztere soll es keine schriftlichen Aufzeichnungen geben. Wer sie will, ist auf das Erinnerungsvermögen der Mitarbeiter angewiesen. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 17.5.2013)