Beim Botball-Wettbewerb in Wien: Sieg und Niederlage liegen oft nur ein Greifarm entfernt.

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Wien - 1300 Einzelteile. Drei Monate Zeit. Das Ziel: einen selbstständigen Roboter zu basteln und ihn im Turnier gegen internationale Teams antreten zu lassen. In weniger als fünf Minuten kann dabei der Traum vom Sieg platzen.

Für das "Retro-Robots"-Team vom Wiener Technologischen Gewerbemuseum (TGM) war der Erfolg zum Greifen nahe, schließlich musste der Roboter nur mehr seinen Greifarm lösen, um den Plüschball in das vorgesehene Quadrat fallen zu lassen - was den Sieg bedeutet hätte. Doch im allerletzten Moment stößt ihn der Roboter vom gegnerischen Team um und macht den Erfolg zunichte. Das junge Publikum schaut gebannt zu, denn bei der Botball-Vorausscheidung im TGM geht es um nicht weniger als den Einzug ins Finale in Oklahoma, bei dem Schülerteams aus aller Welt gegeneinander antreten.

Botball ist ein internationaler Roboterwettkampf für Jugendliche, der ursprünglich aus Amerika stammt. Eigens von Schülern gebaute Roboter sollen dabei selbstständig - also ohne Fernsteuerung - bestimmte Aufgaben erfüllen. Den Teilnehmern werden dafür 1300 Elemente, bestehend aus Metallteilen, Detektoren, Prozessoren, Sensorelementen und Legobausteinen, zur Verfügung gestellt, anhand derer sie die Roboter bauen und programmieren müssen. "Beeindruckend ist, wie viele verschiedene Roboter es gibt, obwohl alle die gleichen Bausätze haben", meint TGM-Professor und Veranstaltungsorganisator Gottfried Koppensteiner.

Das Ziel des diesjährigen Wettbewerbs ist es - metaphorisch natürlich -, dem Mars-Rover Curiosity dabei zu helfen, Fundstücke auf die Erde zurückzuschicken. Dafür sollen die Roboter auf einem labyrinthartigen Gelände grüne und orange Plüschbälle einsammeln und in ein Quadrat legen. Außerdem müssen Stangenteile zu einer "Rakete" zusammengesteckt werden, von der aus die Plüschbälle Richtung Erde abgeschossen werden. Je nach Schwierigkeitsgrad und Schnelligkeit der erfüllten Aufgaben erhalten die Teams ihre Punkte.

Es fanden sich nicht nur österreichische Teams bei der Vorausscheidung in Wien, sondern auch ein amerikanisches aus der Jackson Middle School in Oklahoma City. "It's simply awesome", sagten die beiden Amerikaner Alan Campos und Cliffton Gillespie über das Botball-Turnier in Wien. Die beiden Schüler haben sich schon monatelang im Vorfeld täglich vor Schulbeginn getroffen und an ihrem Roboter getüftelt.

Vorwissen ist für das Programmieren jedoch nicht zwingend erforderlich, denn in einem zweitägigen Workshop bekamen ohnehin alle Teams die grundlegenden Fähigkeiten vermittelt. Somit ist es auch Quereinsteigern möglich, beim Botball teilzunehmen, wie zum Beispiel das reine Mädchenteam aus der Kindergartenschule BAKIP 21 beweist. Als eher unerfahrenes Team verfolgten sie eine einfache Strategie. Ihr Roboter wendete die Taktik des "Line-Tracking" an, bei der sich der Roboter anhand der schwarz markierten Linie auf dem Spielfeld orientiert und diese entlangfährt. Sobald er dort auf einen Plüschball stößt, sammelt er ihn ein.

Das Team der HTL Donaustadt hingegen hat seinen Roboter extra auf die Farben der Plüschbälle kalibriert. Sie bauten einen innovativen Kletterroboter, der sogar Botball-Gründer David Miller von der Uni Oklahoma in Staunen versetzte. Miller half einst bei der Konstruktion des Mars-Rovers Curiosity mit.

Die Donaustädter konnten sich schließlich durchsetzen und werden im Juli Europa beim weltweiten Finale in den USA vertreten. Wie Miller ihre Chancen einschätzt? "Die Österreicher liegen meiner Meinung nach im obersten Viertel, aber wer letztlich gewinnt, werden wir im Juli sehen!" (Jakob Wasshuber und Philipp Koch, DER STANDARD, 15.5.2013)