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Die Ölbonanza in den USA, im Bild eine Förderanlage in Kalifornien, wirbelt den Energiemarkt weltweit durcheinander.

Foto: Reuters / Lucy Nicholson

London/Wien – Die Stimmen, die vor einem nahen Ende der Ölvorräte warnen, sind leise geworden. Verstärkt haben sich hingegen die Bedenken derer, die im ungebremsten Verbrennen von Kohlenwasserstoffen eine der größten Gefahren für das Überleben der Menschheit sehen. Die Interna­tionale Energieagentur (IEA), die Industrieländer in Energiefragen berät, weist auf gravierende Änderungen im weltweiten Marktgefüge hin, die Produzenten und Konsumenten treffen werden.

So dürfte das Wachstum des weltweiten Ölangebots zumindest in den nächsten fünf Jahren vor allem von den Förderstätten in Nordamerika stammen, geht aus einem am Dienstag in London präsentierten Bericht der IEA hervor. Die US-Ölproduktion steige wegen des anhaltend hohen Ölpreises und der effizienteren Fördertechniken viel schneller als angenommen, heißt es im neuen Fünfjahresausblick der IEA.

Die steigende Ölgewinnung durch Fracking und andere Technologien, mit denen nun früher unerreichbare Reserven angezapft werden können, habe noch eine andere Konsequenz: Der Einfluss der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) an den Ölmärkten werde zurückgedrängt.

Die in Paris ansässige IEA hat bereits im vorigen Herbst prognostiziert, dass die USA bis 2020 zum größten Ölproduzenten der Welt aufsteigen und das bisher größte Förderland – Saudi-Arabien – zumindest eine Zeitlang auf Platz zwei verdrängen könnten.

Opec-Einfluss schwindet

Die Ölförderung in den USA hat zuletzt einen überraschenden Aufschwung erlebt, weil die Erschließung von Vorkommen in harten Gesteinsschichten rascher vonstattenging als erwartet. Dies hat die künftige Entwicklung von Nachfrage und Angebot am Ölmarkt verändert. Die IEA rechnet nun damit, dass die tägliche Öl­gewinnung in Nordamerika zwischen 2012 und 2018 um 3,9 Mio. Fass (je 159 Liter) zunehmen wird. Damit würde mehr als die Hälfte des erwarteten Zuwachses des Ölangebots der freien Förderländer auf Nordamerika entfallen.

Gleichzeitig dürfte die Nachfrage nach Opec-Öl sinken, heuer unter die Marke von 30 Mio. Fass pro Tag. Das wäre weniger als die vom Ölkartell festgelegte Förderobergrenze und weniger als die tatsächliche Opec-Förderung. Dieser Trend könnte laut IEA bis 2018 anhalten. Sollten sich die Opec-Mitglieder auf keine Förderkürzung verständigen, könnte der Preis wieder unter Druck geraten.

In ihrem Ausblick prognostiziert die IEA, dass die Förderkapazität der Opec von 2012 bis 2018 um 1,75 Mio. auf 36,75 Mio. Fass pro Tag zunehmen wird.

Die EU-Kartellwächter hegen den Verdacht der Preisabsprachen. Sie haben in drei europäischen Staaten Razzien bei Ölunternehmen durchgeführt; BP und Shell in London bestätigten am Dienstag Ermittlungen.(Günther Strobl, DER STANDARD, 15.5.2013)