Shannon Sun-Higgins will Sexismus unter Spielern und Entwicklern stigmatisieren.

Foto: Shannon Sun-Higgins

Immer wieder brandet das Thema "Games und Sexismus" auf. Nicht nur, dass es Frauen in der Spielebranche allgemein schwerer haben als ihre männlichen Kollegen, auch Spielerinnen sehen sich nicht selten Belästigungen während der Ausübung ihres Hobbys ausgesetzt.

Shannon Sun-Higginson will nun mit einem Videoprojekt namens "GTFO" ("Get The F*ck Out") dazu beitragen, dass sich daran etwas ändert. Es ist nicht das erste Unterfangen dieser Art, 2012 sorgte "Tropes vs. Women" bereits für Aufregung und eine Flut an hasserfüllten Kommentaren gegen die Initiatorin Anita Sarkeesian. Und auch Sun-Higgins sah sich schon mit Anfeindungen konfrontiert.

Vor- und Nachteile einer Außenseiterin

Das negative Echo ist aber – bislang – wesentlich leiser, als noch vor einem Jahr. Was möglicherweise daran liegt, dass sie eine "Außenseiterin" ist. Sie arbeitet nicht in der Games-Branche, sie entwickelt keine Spiele, sie greift nicht einmal selbst zum Gamepad. Auf das Problem wurde sie aufmerksam, nachdem Freundinnen von ihr darüber erzählten, welcher Behandlung sie sich beim Spielen im Internet oft ausgesetzt sehen.

Die frische Perspektive bringt jedoch auch Nachteile mit sich. "Es war bisher viel herausfordernder, weil ich begonnen habe, ohne einen Kontakt in der Industrie zu haben. Aber das ist ein wichtiger Film, der gemacht werden muss, und ich kann nicht hoffen, dass es jemand anderer tut", so Sun-Higgins.

Diskussion soll alle erreichen

Zielgruppe sind auch nicht unbedingt jene, die sich sicher durch die Sphären von Multiplayer-Shootern und Onlinerollenspiele bewegen oder diese gar selbst gestalten. Sie will das Problem Sexismus jenen nahebringen, die – wie sie selbst – in dieser Hinsicht unbedarft sind. "Ich habe davon gehört und mich immer schon für Frauen- und Feminismusthemen interessiert und ich habe lange nicht realisiert, dass so etwas unter unser aller Augen geschieht."

Hier hakt Kommentatorin Rachel Weber von GamesIndustry.biz ein, einer Seite die Nachrichten von, über und für die Gamesbranche veröffentlicht. Sie findet, dass das Thema in der Spielepresse immer und immer wieder durchgekaut wurde, ohne dass sich merklich etwas verändert hätte. Man verweist auf die auf der Plattform hinterlassenen Kommentare zu Sexismus-Storys, deren Inhalte auch insofern bemerkenswert sind, weil die Registrierung auf der Seite namentlich und mit Berufsbezeichnung erfolgt.

Unterstrichen wird das von Sun-Higgins Wahrnehmung: "Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass es 2013 noch eine Branche gibt, die es völlig in Ordnung findet, sehr sehr sexistisch zu sein." Sie unterstreicht jedoch, dass es dabei längst nicht um alle, sondern eine ausgesprochen lautstarke Minderheit geht.

Die unfilmbaren Trolle

Um mehr zu erfahren, hat die Filmemacherin mittlerweile die PAX East-Messe, einen Major League Gaming-Event und die Columbia besucht und die Betreiberinnen von Seiten interviewt, die Drohungen und sexistische Bemerkungen gegen Spielerinnen öffentlich machen. Die Kosten dafür trug sie lange selber, mit einer Kickstarter-Kampagne konnte sie nun die Fertigstellung von "GTFO" finanzieren.

Sie verfolgt mit ihrer Arbeit nicht das Ziel, die sexistischen Trolle vor die Kamera zu bekommen. Ein Großteil der Beschimpfungen erfolgt anonym und jene Täter, die sich identifizieren lassen, würden sich wohl ohnehin nicht vor das Objektiv einer Kamera wagen, um über ihr Tun zu reden.

Sexistisches Verhalten soll ein Tabu werden

Das Projekt strebt andere Dinge an: In dem man auch Menschen außerhalb von Branche und Szene erreicht, soll sexistisches Verhalten gegenüber anderen Spielern zu einem Stigma werden, erklärt Sun-Higgins. "Diese Leute sollen sich denken: 'Vielleicht ist es gar nicht akzeptabel so etwas zu tun, vielleicht hat so etwas schlechte Folgen [für mich]."

Angehörigen in der Games-Industrie soll es wiederum Mut machen, Übergriffe und Belästigungen häufiger zu melden. "Es ist wirklich schade, dass Frauen Opfer solchen Missbrauchs sind und ihr Können in der Branche nicht in dem Ausmaß ausgeschöpft wird, wie es könnte." (red, derStandard.at, 14.05.2013)