Hugo (Claudius Körber) und seine Verlobte Jessica (Verena Lercher) am Boden der Realpolitik.

Foto: Lupi Spuma / Schauspielhaus Graz

Graz - Betonmauern, auf denen tonlos dokumentarische Schwarz-Weiß-Filme der Weltgeschichte rotieren (Bühne: Mascha Mazur), bedrückende Klänge, Menschen in militärischem Grün und immer wieder wie Hampelmänner hüpfende Akteure: Phasenweise fühlt man sich in Wojtek Klemms Inszenierung von Die schmutzigen Hände am Grazer Schauspielhaus verloren. Dabei ist Jean-Paul Sartres Stück aus dem Jahr 1948 ein Dauerbrenner über den Spagat zwischen hehren Idealen und Realpoli-tik, zwischen Moral und Taktik.

Claudius Körber, der mit Ende dieser Spielzeit nach Zürich wechselt, gibt den unentschiedenen Intellektuellen Hugo, der vor einem politischen Mord am Parteistrategen Hoederer (Simon Zagermann) zurückschreckt, aber abdrückt, als dieser seine Verlobte (stark: Verena Lercher) küsst, ernsthaft, subtil und mit feinem Humor, etwa wenn er seinen Trolley wie ein Maschinengewehr vor sich herträgt.

Auch Evi Kehrstephan überzeugt als Hugos energische Parteigenossin Olga, die weniger fürs Grübeln und mehr fürs Grobe ist. Doch der Abend wird immer wieder von seltsamen Gymnastikeinlagen zerstückelt und schließlich unnötig in die Länge gezogen. Jean-Paul Sartres Text verträgt viel, das Stück ist relativ unverwüstlich.

Doch die Choreografien von Maciej Prusak sind wenig dazu angetan, den Parteiapparat, die Unformiertheit und das Abtöten von Selbstachtung zu thematisieren - falls das überhaupt ihr Zweck gewesen sein sollte. Die Hampelei zieht die ganze Geschichte ins Lächerliche.

Sie holt die Zuseher immer wieder heraus, um sie dann irgendwo zwischen den abgekoppelten, leeren Ideologieräumen, die zu füllen wären, stehenzulasssen. "Das Paradies ist anderswo", sagt Olga. Und da hat sie sicherlich recht. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 14.5.2013)