In Bulgarien wird die politische Geschichte der Schuldenkrise fortgeschrieben. Die vorgezogenen Wahlen vom Sonntag haben ganz ähnlich wie in Griechenland im Mai 2012 und in Italien Anfang dieses Jahres ein Patt produziert, ein Ergebnis, das die Systemkrise des Landes widerspiegelt, aber keinen klaren Weg nach vorn zeigt.

Bulgarien sei das erste Land in Europa, in dem der Glauben an Fiskalstabilität zu politischer und sozialer Instabilität geführt habe, so brachte es der Politologe Iwan Krastew auf den Punkt. Die konservative Regierung von Ex-Premier Boiko Borrissow hat das Land totgespart. Aber hier endet die gemeinsame Geschichte der Schuldenkrise, und der bulgarische Teil vom korrupten Rechtsstaat und den Geschäftsleuten, die im Nebenberuf Politiker sind, beginnt.

Die Mehrheit der Bulgaren hat dem nationalen Statistikamt zufolge heute ein monatliches Einkommen von umgerechnet 250 bis 500 Euro zu Verfügung. Bald 25 Jahre nach dem Ende der Volksrepublik ist das ein Ausweis des Scheiterns. Demokratie, Marktwirtschaft und der EU-Beitritt haben dem Großteil der Bulgaren keine Verbesserung der Lebensverhältnisse gebracht. Die Sozialisten von Sergej Stanischew werden nun die Bildung einer "Regierung der nationalen Rettung" versuchen. Es könnte eine Zweierkoalition sein mit fallweiser Tolerierung durch die Rechtsextremen. Ein Experiment mit kurzer Halbwertszeit, nur ein Zwischenhalt auf dem Weg durch die Krise. (Markus Bernath, DER STANDARD, 14.5.2013)