Wien – Mai 2013 wurde von der EU und dem European Brain Council zum "European Month of the Brain" erklärt. "Das spiegelt das vermehrte Augenmerk auf die Hirnforschung in den letzten Jahren wider", sagt Regina Katzenschlager, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN). 2014 wurde zum "Europäischen Jahr des Gehirns" erklärt.

"Erkrankungen des Gehirns verursachen nicht nur erhebliches Leid und Verlust an Lebensqualität, sondern auch enorme Kosten", so die ÖGN-Präsidentin. Konkret wird die Belastung neuropsychiatrischer Erkrankungen für die europäischen Volkswirtschaften auf insgesamt 798 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Neurologische Erkrankungen haben mit insgesamt 220 Millionen Betroffenen daran einen erheblichen Anteil. 

Späte Diagnosen

"Viele neurologische Krankheiten treten mit zunehmendem Alter häufiger auf, somit ist aufgrund der steigenden Lebenserwartung ein deutlicher Anstieg zu erwarten", sagt Katzenschlager. So gehen Schätzungen bei der Zahl der jährlichen Schlaganfälle von einer Verdopplung bis 2030 aus, bei der Parkinsonerkrankung von einer Verdreifachung und bei Demenzerkrankungen von einem Anstieg um fast das Zweieinhalbfache bis zum Jahr 2050.

Doch auch jetzt ist der Bedarf an neurologischer Versorgung bereits hoch. Symptome wie Vergesslichkeit, Gang- oder Sprachstörungen, Muskel- und Nervenschmerzen oder Schwindel haben häufig neurologische Ursachen. "Da diese Beschwerden in der Bevölkerung aber immer noch nur zum Teil mit der Neurologie in Verbindung gebracht werden, wenden sich viele Betroffene gar nicht oder zu spät an Neurologen, was zu verspäteter Diagnosestellung und Therapie führen kann", warnt die ÖGN-Präsidentin.

Kurzes Zeitfenster

Beim Schlaganfall, der in Österreich 20.000 bis 25.000 Menschen pro Jahr betrifft, gilt das Motto "time is brain": Je schneller Patienten in spezialisierten Kliniken und Abteilungen behandelt werden, desto größer ist die Chance, dass sie ihren Schlaganfall ohne, oder schlimmstenfalls mit leichter Behinderung überstehen. In Österreich gibt es derzeit ein Netzwerk von 35 Stroke Units, die von der Mehrzahl der Menschen innerhalb von 45 Minuten erreichbar sind.

Dass Patienten, die rechtzeitig an einer Stroke Unit versorgt werden, bessere Chancen haben, sich wieder zu erholen, ist durch Studien belegt. Das Zeitfenster für die akute Schlaganfallbehandlung ist jedoch sehr kurz. Vom Auftreten der ersten Symptome bis zum Beginn der Behandlung dürfen maximal 4,5 Stunden vergehen.

"Das gelingt uns nach wie vor erst bei rund 10 bis 15 Prozent der Betroffenen. Das liegt aber nicht nur am Transport", sagt Franz Fazekas, Leiter der Grazer Universitätsklinik für Neurologie. Schlaganfälle können sich in der Nacht, während des Schlafes ereignen und werden dann nicht bemerkt. Nicht zuletzt werden die Symptome nach wie vor nicht immer ernst genommen. Die Verbesserung der Kommunikation zwischen den Rettungsdiensten und den Stroke Units zählt für Experte gegenwärtig zu den Prioritäten.

Fazekas weist auch auf die Bedeutung der Prävention hin: "Personen, die unter besonderen Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Vorhofflimmern leiden, haben bereits in jüngeren Jahren ein beträchtliches Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden." (red, derStandard.at, 13.5.2013)