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Wer sich einem bekannten Risiko aussetzt und trotz Reisewarnung in ein Land fährt, läuft Gefahr, keine Hilfe zu erhalten.

Foto: Rajesh Kumar Singh/AP/dapd

Martin Sturzlbaum

Foto: Europäische Reiseverischerung

Martin Weiss

Foto: BMEIA

Dominik N. ist wieder zu Hause. Der 26-jährige Wiener Sprachstudent wurde im Dezember 2012 im Jemen entführt und konnte nach monatelangen Bemühungen um seine Freilassung im Mai 2013 endlich wieder nach Österreich ausreisen. Über den Jemen wurde mittlerweile eine offizielle Reisewarnung verhängt, Touristen, die sich in dieses Land begeben, tun dies nunmehr auf eigene Faust, warnt das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA) auf seiner Homepage.

Reisewarnung für Kriegsgebiete

"Bei Reisewarnungen reisen die Menschen auf eigenes Risiko", erklärt Martin Sturzlbaum, Vorstandsvorsitzender der Europäischen Reiseversicherung, im Interview mit derStandard.at. Wer sich bewusst in ein Land begibt, für das eine Reisewarnung gilt, fällt laut Sturzlbaum im schlimmsten Fall nicht nur aus dem Versicherungsschutz, er muss auch mit Konsequenzen rechnen, die im schlimmsten Falle bis zum Tode führen: "Wenn ich in ein Kriegsgebiet reise, kann ich gekidnappt werden, gefoltert, verschleppt oder getötet."

Prinzipiell gelten fünf verschiedene Sicherheitsstufen für Reisen ins Ausland, erläutert Martin Weiss vom BMEIA: vom guten Sicherheitsstandard über erhöhtes Reiserisiko hin zur Reisewarnung aufgrund von Krieg oder Bürgerkrieg. Derzeit listet das BMEIA 14 Länder auf seiner Homepage, für die die höchste Warnstufe gilt. "Wenn wir eine Reisewarnung für ein Land ausgeben, raten wir österreichischen Staatsbürgern, die sich in dem Gebiet aufhalten, dazu, das Land zu verlassen, bzw. erst gar nicht dorthin zu reisen", so Weiss. Als gefährlich gelten derzeit unter anderem Reisen nach Mali, Mauretanien, Syrien, Afghanistan und Libyen.

Partielle Reisewarnungen gibt es momentan für 20 Länder, beispielsweise für Reisen in Teilgebiete von Marokko, Indien und Israel. Auch für die ägyptische Hauptstadt Kairo weist das Außenministerium auf das erhöhte Sicherheitsrisiko in Zusammenhang mit Ausschreitungen bei Demonstrationen hin. Ob eine offizielle Reisewarnung verhängt wird, ist laut Weiss mit anderen EU-Ländern sowie mit den Botschaften vor Ort abgesprochen und wird laufend adaptiert: "Die Warnungen auf unserer Homepage sind keine exakte Wissenschaft, aber sehr aktuell."

Versicherung gegen Terrorgefahr

Aussagekraft haben Reisewarnungen nicht nur für Urlauber, auch Versicherungen und Anbieter von Pauschalreisen orientieren sich an den Empfehlungen des Außenministeriums. Das ist vor allem dann relevant, wenn vor Reiseantritt bereits eine Warnung ausgegeben wird, sagt Sturzlbaum: "Wer eine Pauschalreise gebucht hat, wird in diesem Fall problemlos eine Umbuchung vornehmen können, wenn ich selbst eine Flugreise über das Internet gebucht habe, dann bleib ich wahrscheinlich auf meinen Kosten sitzen."

Beachten sollten Reisende auch, dass der Versicherungsschutz in Gebieten mit einer Reisewarnung nicht gegeben ist, so Sturzlbaum. Einzige Ausnahme: Wenn der Urlauber im Land von kriegerischen Handlungen überrascht wird, ist der Versicherungsschutz noch 14 Tage aktiv. Reiseversicherung ist aber nicht gleich Reiseversicherung, warnt er: "Wichtig ist, dass kein Terrorausschluss in den Bedingungen steht. Wenn ich sonst in ein Feuergefecht komme oder wo eine Bombe hochgeht, habe ich keine Deckung."

Nicht ins Blaue reisen

Gewisse Vorsichtsmaßnahmen können Reisende bei einem Besuch in einem Land mit hohem Risiko bereits im Vorfeld treffen. Neben Erkundigungen über Einreiseformalitäten, Zoll- und Aufenthaltsbestimmungen sowie der geltenden Sicherheitsvorschriften im Zielland ist das vor allem, nicht völlig alleine ins Blaue zu reisen. So möglich, rät das Außenministerium, sollte das Umfeld bereits im Vorfeld über die geplante Reiseroute informiert werden. Außerdem sollte der oder die Reisende seine bzw. ihre persönlichen Daten sowie Angaben zum Reiseverlauf bei der österreichischen Vertretungsbehörde im Land hinterlassen.

Ab der kommenden Reisesaison wird es für Reisende auch die Möglichkeit geben, sich vor der Abfahrt auf der Website des Außenministeriums für die Reise registrieren zu lassen, sagt Weiss: "Über diese Daten können die Behörden im Notfall schneller Kontakt aufnehmen, sollte im Zielland etwas vorfallen." Zudem hat das Ministerium eine App entwickelt, das aktuell über Sicherheitslage, Botschaftsadressen und Kontaktmöglichkeiten im Urlaubsland informiert. In Notfällen ist der Bereitschaftsdienst im Außenministerium rund um die Uhr unter 050 11 50 44 11 erreichbar.

Die Botschaft als Ansprechpartner im Krisenfall

Gibt es im Urlaubsland einen Krisenfall, etwa politische Unruhen oder eine Katastrophe, gilt es, schnellstmöglich die nächste österreichische Vertretungsbehörde zu kontaktieren. Ist diese in einem Land nicht ansässig, sind auch die Botschaften bzw. Konsulate anderer EU-Länder zur Hilfestellung verpflichtet. Urlaubern wird geraten, Vorbereitungen für eine schnelle Abreise zu treffen, um im Krisenfall so schnell als möglich das Land verlassen zu können. Ist eine Abreise nicht mehr auf eigene Faust möglich, kann das Außenministerium auch eine Evakuierung organisieren. Die Kosten einer Evakuierung müssen selbst getragen werden, die Behörde kann aber die Kosten als Darlehen vorstrecken.

Grundsätzlich, sagt Weiss, versuche die Behörde, in Not geratenen Österreichern zu helfen, aber es gebe auch eine Eigenverantwortlichkeit: Auf Basis des Konsulargebührengesetzes von 1992 ist die Republik prinzipiell ermächtigt, 10.000 bis 50.000 Euro Kostenersatz bei "grob schuldhaftem Verhalten" einzuklagen. Martin Weiss präzisiert: "Wenn sich jemand grob fahrlässig in Not bringt, kann es dazu kommen, dass von ihm Schadenersatz verlangt wird." Man müsse hier auf den einzelnen Fall schauen: "Das ist wie der Tourist, der mit Plastiksandalen in die Eigernordwand einsteigt."

Garantie, dass einem geholfen wird, gibt es keine. "Wer trotz Warnung reist, reist auf gut Glück", fasst Martin Sturzlbaum zusammen. Gerade für Krisengebiete gebe es keine Sicherheiten. "Da kann ich keine Vorsichtsmaßnahmen in dem Sinn treffen, es sei denn, ich reise mit Panzer und Leibgarde." (Barbara Oberrauter, derStandard.at)