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Die Zustimmung Österreichs zu einem automatischen Bankdatenaustausch ist auch ein Match zwischen Bundeskanzler Faymann und Finanzministerin Fekter.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Was ist bei der Bekämpfung von Steuerflucht bzw. der Besteuerung von Zinsgewinnen für Österreich besser: beim Jagen von möglichen Steuerhinterziehern in Europa "an der Spitze zu stehen" und dem automatischen Bankdatenaustausch bei EU-Ausländern einfach zuzustimmen, wie Kanzler Werner Faymann in der Kronen Zeitung am Sonntag betonte? Oder soll man darauf bestehen, dass ein EU-Land im Vergleich mit der Schweiz und anderen Drittstaaten nicht benachteiligt wird, im Budget diesfalls hunderte Millionen Euro fehlen könnten, wie Finanzministerin Maria Fekter argumentiert?

Das sind die zwei Gegenpole, die Hauptfragen, die sich in Sachen EU-Zinsrichtlinie, automatischer Datenaustausch und Aufhebung des Bankgeheimnisses vor dem Treffen der EU-Finanzminister am Dienstag in Brüssel stellen. Beides in Einklang zu bringen ist wegen der komplexen Materie, der Vielzahl an Länderinteressen kaum möglich. Und Steuerregelungen gehen in der EU nur einstimmig durch.

Gestärkte Verhandlungsposition

Die EU-Kommission strebt seit Jahren eine Ausweitung der "EU-Zinsrichtlinie" an, drängt darauf, dass nach Luxemburg (im April) nun auch Österreich als letzter der 27 EU-Staaten zum automatischen Informationsaustausch übergeht. Das, so die Brüsseler Strategie, würde die Verhandlungsposition gegenüber Drittländern, deutlich stärken.

Fekter will über ihre Zustimmung erst entscheiden, wenn klar sei, unter welchen genauen Rahmenbedingungen das abläuft. Der Kanzler erklärte "diesen Konflikt mit der EU" indes bereits für "beendet": Sollte seine Finanzministerin nicht zustimmen, werde er dies eben eine Woche später beim EU-Gipfel tun. Darüber wurde - angefeuert vom beginnenden Wahlkampf, Stichwort "Oma-Sparbuch" - seit Wochen gestritten; nicht zum Vorteil für Österreich, wie heimische Verhandler in der EU-Hauptstadt unter der Hand bestätigen. Sie ringen mit Vertretern von Partnern und Kommission um jede Formulierung.

Kapitalabflüsse befürchtet

Die Sorge: Es könnte zu größeren Kapitalabflüssen in Drittländer - eben Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra, San Marino - kommen, wenn diese bei strengeren Regelungen nicht mitziehen, sprich: andere Bankenplätze attraktiver würden. Andererseits müsse man explizit sicherstellen, dass die Republik Abschläge und Einnahmen aus Zinserträgen von jenen Österreichern endlich bekomme, die ihr Geld anonym in der Schweiz und Liechtenstein liegen haben. Mehr als eine Milliarde Euro ist im Budget eingeplant, die Abkommen noch kaum ein Jahr alt. Darüber hinaus sollen in der künftigen EU-Richtlinie nicht nur Zinserträge, sondern eine Reihe anderer Kapitalerträge erfasst werden. Vor allem sollen nicht nur " natürliche Personen", sondern Firmen, anonyme Trusts, Stiftungen zur Kasse gebeten werden. Bisher sind sie ausgenommen. Einige EU-Staaten sperren sich, berichtet ein Verhandler, trotz anderslautender Beteuerungen.

Wie sich die Schweiz verhält, ist auch nicht klar. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf sagt, sie könne sich einen automatischen Datenaustausch vorstellen, führte aber eine Reihe von Bedingungen an, etwa, dass alle bedeuteten Bankplätze der Welt mitmachen. Auch Fekter hat Bedingungen. Die G-7-Finanzminister gaben in London vor, es müsse weltweit ein System des Datenaustauschs etabliert werden, das alle Formen von Kapitalerträgen erfasst. An Plänen mangelt es also nicht. Eine Kernfrage ist: Wer geht voraus? (Thomas Mayer, DER STANDARD, 13.5.2013)