Friedrich Haselsteiners Arbeitstag beginnt für gewöhnlich mit einer Zigarre. Auf dem Dach der Wiener Secession, direkt unter der goldenen Blätterkuppel, hebt der Imkermeister den Deckel des hauseigenen Bienenstocks leicht an. Dann bläst er eine Ladung Rauch über die Waben. Rauch ist in der Imkerei die gängigste Methode, sich vor Stichen zu schützen. Denn die Bienen sind dann mit Honigfressen beschäftigt, damit sie genug Kraft zum Fliehen haben. Der Trick ist einigermaßen fies, aber Haselsteiner verschafft sich auf diese Weise eine Viertelstunde, um im Stock nach dem Rechten zu sehen.

Haselsteiner betreut gemeinsam mit der Imkerin und Bienenzüchterin Heidrun Singer den Stock auf der Secession, den die Erste Stiftung zwecks Imagepflege hier aufgestellt hat. Sie sind zwei der 600 Stadtimker in Wien. In der Stadt holen sich die Bienen den Nektar von Alleebäumen und Parkpflanzen, ohne sich vor Pestiziden, wie den notorischen Neonikotinoiden, fürchten zu müssen. Abgase machen den Insekten wenig aus. Im Honig sind davon keine Spuren mehr zu finden, sie werden von den Tierchen gefiltert. Im Vergleich zu normalem Honig gilt der Stadthonig als geschmacklich ebenbürtig, wenn nicht sogar feiner. Denn aufgrund der Monokulturen in der Landwirtschaft finden Bienen in Städten oft eine größere Pflanzenvielfalt vor. (Moritz Gottsauner-Wolf / Maria von Usslar, derStandard.at, 10.5.2013)