"Mit althergebrachten Lösungsmodellen kommen wir ganz offensichtlich nicht weiter" stellt Beate Meinl-Reisinger in ihrer Replik auf Armin Wolfs Vorschlag der Einführung von BürgerInnen-Räten fest. Das ist richtig. Man sollte nicht neuen Wein in alte Schläuche gießen.

Es ist daher dringend notwendig, Menschen die Möglichkeit zu geben, sich mit neuen Strukturen direktdemokratisch an Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Politik in den jetzigen alten Strukturen und PolitikerInnen haben das Vertrauen verloren, weil politische Entscheidungen nicht zur Erfüllung der zeitgemäßen Bedürfnisse der Menschen und Erfordernisse der Umwelt getroffen werden und weil allenthalben Korruption herrscht. Was sich nun PolitikerInnen, und offensichtlich auch einige JournalistInnen von Menschen erwarten, die direktdemokratisch tätig sein wollen: Dass sie sich nicht in Sachthemen einarbeiten können, keine Entscheidungen treffen können und korrumpierbar sind.

Eine Unterstellung: Wie der Schelm denkt, so ist er.

Wenn man selbst korrumpierbar ist und nicht sachthematisch und lösungsorientiert arbeiten kann, erwartet man das auch nicht von anderen. Ich bin immer wieder fassungslos über die Reflex-Ablehungen bei (mehr oder weniger) neuen Vorschlägen. Denn die von Armin Wolf vorgeschlagenen BürgerInnen-Räte sind ja so neu nicht und bestens erprobt.

Wir sprechen hier keineswegs von grauer Theorie, denn BürgerInnen-Räte werden bereits erfolgreich praktiziert. Man muss also das Rad nicht neu erfinden. Ich möchte auf das "Büro für Zukunftsfragen" in Vorarlberg verweisen, die seit mittlerweile 6 Jahren BürgerInnen-Räte veranstalten und sich in beispielhafter Weise mit dieser direktdemokratischen Struktur beschäftigt haben (inkl. Studie).

Es gibt bereits gute Beispiele

Im November 2012 fand bereits der vierte landesweite BürgerInnen-Rat statt. Es finden BürgerInnen-Räte in verschiedenen Gemeinden und auch länderübergreifend statt. In Deutschland ist das Vorarlberger Modell ebenfalls angekommen.

Nur in Österreich weiß man nichts davon? "BürgerInnen-Räte jetzt auch in Baden-Württemberg. Mitreden nach dem Vorbild Vorarlbergs" titelte die Stuttgarter Zeitung Anfang dieses Jahres. "Ohne Bürgerinnen und Bürger ist kein Staat zu machen", sagte die Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD).

Die Stadt Heidelberg erarbeitete 2011 in einem vom Gemeinderat eingerichteten Arbeitskreis mit VertreterInnen aus Politik, BürgerInnenschaft sowie der Verwaltung kommunale Leitlinien zur Bürgerbeteiligung. Es erfordert nicht sehr viel Geschick im Internet auf die vielen erfolgreichen Beispiele für BürgerInnen-Räte zu stoßen. Was es aber sehr wohl erfordert, ist Interesse, Neugier und die Bereitschaft sich auf Neues einzulassen.

Ich finde es beispielhaft für die Reflex-Ablehungen und das Desinteresse, dass Folgendes nicht bekannt ist und nicht publik gemacht wird.

Ich zitiere aus der Internetseite des "Büros für Zukunftsfragen": "Vorarlberg verankert erstmals in Europa partizipative Demokratie in der Landesverfassung. Es ist eine Neuheit in Vorarlberg und auch in Europa. Der Vorarlberger Landtag hat am 31. Jänner 2013 eine Verfassungsänderung beschlossen und bekennt sich darin zur direkten sowie zur partizipativen Demokratie. Was dies für Vorarlberg bedeutet, wird die Ausgestaltung und Belebung der Verfassungsänderung zeigen. Ein erster Schritt wurde mit der Ausformulierung einer Landesrichtlinie zur Durchführung von Bürgerräten getan. Interessantes Detail am Rande: In Zukunft können Bürger mit Hilfe von 1000 Unterschriften Bürgerräte einberufen."

Da kann ich nur sagen: Vorarlberg vor den Vorhang. Man muss nur wollen. (Leserkommentar, Monika Krampl, derStandard.at, 11.5.2013)