Über die aktuellen politischen Zustände in Österreich und in Europa wird ja immer wieder gerne (zurecht) gejammert: Die repräsentative Parteiendemokratie entwickelt sich immer mehr zu einem Staat im Staat, während die direktdemokratischen Elemente entweder für populistische Maßnahmen verwendet, oder einfach ignoriert werden.

An und für sich ist die repräsentative, parlamentarische Demokratie ja eine sehr gute Möglichkeit, um den Interessengruppen in einem Land mittels Parteien als Interessenvertretungen auch ein politisches Gewicht zu verleihen. Bauernbund und Raiffeisenkonzern bei der ÖVP, sowie Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer bei der SPÖ sind hierbei sehr gute Beispiele für solche Symbiosen.

Die Menschen selbst fühlen sich jedoch von der Politik immer mehr im Stich gelassen. Immerhin scheinen die Lobbygruppen mehr Einfluss auf die politische Arbeit zu haben, als die Wählerinnen und Wähler selbst. Ganz zu schweigen von den roten und schwarzen Machtstrukturen in den Ländern und Gemeinden, an denen man einfach nicht vorbei kommt. Dabei könnte schon eine umfassende Parlaments- und Wahlreform eine neue demokratische Ära einleiten:

Parlaments- und Wahlreform

Mittels der Einrichtung eines Einkammerparlaments in Form eines Nationalrats mit 201 Mandataren wäre folgendes Szenario möglich: Von diesen Sitzen werden 101 Sitze per Verhältniswahlrecht ohne Prozentklausel (bisher 4%) vergeben. Hierbei erhalten die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit, mittels Erststimme die Partei, und mittels starker Vorzugsstimmen Personen auf den Parteilisten zu wählen, so dass beliebtere Kandidaten hochgereiht werden können.

Die restlichen 100 Sitze werden per einfachem Mehrheitswahlrecht in Einerwahlkreisen (bei knapp 6,4 Millionen Wahlberechtigten sollte jeder Wahlkreis zwischen 60 und 70.000 Personen umfassen). Das heißt: Der Kandidat mit den meisten Stimmen im Wahlkreis erhält den Sitz. Damit ist auch das föderalistische Prinzip gesichert, da jedes Bundesland anteilig gleich viele direkt gewählte Vertreter in das Parlament entsendet wie es Wahlberechtigte hat.

Konzentrationsregierung

Jene Parteien die einen gewissen Prozentsatz (z.B. mind. 10%) an Stimmen erhalten, werden Teil der Konzentrationsregierung, wobei kein Minister ohne Ressort bleiben darf. Die Parteien müssen also zusammenarbeiten und können sich so gegenseitig kontrollieren. Als Bundeskanzler(in) und Regierungschef(in) entsendet die stärkste Partei ihren Spitzenkandidaten, welcher gemeinsam mit dem Spitzenkandidaten der Zweitstärksten Partei (Vizekanzler) die Ressorts unter den Parteien aufteilt. Wer genügend Stimmen erhält, soll sich auch konstruktiv an der Regierung beteiligen.

Wahlkampf

Mit einer Beschränkung der Wahlkampfbudgets pro Partei auf 1 Mio. € (Bund), bzw. max. 200.000€ (pro Land) wird auch den kleineren Parteien geholfen. Dafür gibt es pro Bundesland eine Broschüre pro Haushalt, in der die Parteien sich mit dem Wahlprogramm und den Kandidaten vorstellen, und im zweiten Abschnitt die Wahlkreiskandidaten mit Bild, Lebenslauf und Zielen vorgestellt werden. Dadurch herrscht einerseits Chancengleichheit, andererseits wird so dem "Kauf" von Politikern entgegengewirkt.

Partizipation & Kontrolle

Auf der Parlamentswebsite können sich dann die Bürger registrieren und öffentlich mit den Mandataren in Kontakt treten und auch interagieren. Konzernlobbyismus und große Parteispenden werden dann obsolet. Dafür wird das Abstimmungsverhalten protokolliert und veröffentlicht, so dass sich die Menschen immer über die Vorgänge informieren, und auf der Website auch kommentieren können.

Damit wäre ein großer Schritt in Richtung echte Demokratie gemacht, in der die Menschen nicht einfach nur "Stimmvieh", sondern aktive Mitgestalter sind. Zudem könnten auch Kleinparteien und unabhängige Kandidaten ins Parlament einziehen, und so auch ihre Wähler vertreten.