Der Konzernchef erklärt das neue Produkt, einen implantierbaren Chip.

Foto: Nurith Wagner-Strauss

Wien - Ungefähr zur Mitte von Join! also "Coffee Break" - immerhin eine nette, mobilmachende Regieidee: Der Zuschauer begibt sich im Museumsquartier ins Stück hinein, während die Jazzband subtil dahinjammt. Er steht dann vielleicht neben dem frustrierten Marketingdirektor (Wolfgang Gratschmeier) der Firma Gen & Brain, welche den Globus mit einem in Konsumenten zu implantierenden Chip erobern will. Nicht weit ist natürlich auch die Verkaufsleiterin (Katja Reichert), die der Firmenboss (Sebastian Solules) mit Faust- und Giovanni-Zitaten umgarnt.

Hier entsteht doch in Ansätzen - man sieht es auch auf ovalen Leinwänden abgefilmt - so etwas wie die Milieustudie einer innerhalb von Hierarchien kühl um Aufstieg kämpfenden Gruppe, die Geschäft als Krieg versteht. Es entsteht also etwas, das man über weite Strecken im Libretto (Alfred Zellinger) vermisst: Die Figuren sind eher wandelnde Sprachplattheiten ("Ich bin ein Profi, und Marketing ist mehr als ein Job"); man wähnt sich öfter im Musicaltempel Ronacher, wo es momentan verbal auch "subtil" zugeht (Natürlich blond).

Der textlichen Unterversorgung steht gewissermaßen aber eine musikalische Überversorgung zur Seite, die überrascht. Komponist (und teilnehmender Trompeter) Franz Koglmann hat offenbar Spaß daran gefunden, in einem Art Stop-and-Go-Spiel eklektisch zuzulangen. Wer hätte gedacht, dass man vom subtilen Kammermusikkomponisten jemals etwas hören würde, das mehrwertfrei nach Bill Haleys Rock Around The Clock klingt?

Wer hätte gedacht, dass auch das süßliche deutschsprachige Musical in seiner Reichweite ist? Dazu kamen rockiges Stampfen, Souljazz, Romantisches, Opernpathos (über Jazzbegleitung) und doch auch jene Stellen, in denen Koglmanns pointenreiche Kunst zu Momenten farbigen Orchesterzaubers anhob (gediegen das Ensemble "die reihe" unter Carsten Papp). Zu selten jedoch.

Zusätzlich ist Join! leider nicht durchkomponiert angelegt, vielmehr als Nummernrevue voll der abrupten Wechsel und überlangen Sprechpassagen. Brachte Durchhänger statt dramaturgische Eleganz.

Insgesamt: Ein Libretto müsste zumindest den Anschein erwecken, sich in die Figuren vertieft zu haben. Ein Komponist müsste mehr auf die Stringenz der Form achten. Und die Regie hätte diskret gegensteuern können, um der endlosen Konzernphraseologie zumindest skurrilen Sinn zu verleihen.

Michael Scheidl von der Gruppe "netzzeit" lässt am Ende jedoch auch noch protestierende Aktivisten mit Affenmasken entsprechend herumhüpfen, womit er das Stück auch ein wenig der Lächerlichkeit preisgibt.  (Ljubisa Tosic, DER STANDARD, 10.5.2013)