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Berlusconi wird gegen das Urteil wohl erneut Berufung einlegen.

Foto: REUTERS/Giampiero Sposito

Ein Mailänder Gericht hat am Mittwoch im "Mediaset"-Verfahren um unlautere Praktiken beim Kauf von TV-Lizenzen das Urteil aus erster Instanz bestätigt und Ex-Premier und Medienunternehmer Silvio Berlusconi wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft verurteilt. Davon fallen drei Jahre unter Strafnachlass. Außerdem darf der Ex-Premier fünf Jahre kein öffentliches Amt bekleiden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Verteidiger kündigten Berufung beim Höchstgericht an. Dessen neuer, erst am Dienstag ernannter Präsident Giorgio Santacroce steht Berlusconis Rechtsbündnis nahe. Außerdem ist ein Einspruch Berlusconis beim Verfassungsgericht anhängig.

Ex-Senatspräsident Renato Schifani warf der Justiz "systematische Verfolgung" vor. Berlusconis Verteidiger Niccoló Ghedini wetterte, das Urteil habe "schon vor Prozessende festgestanden".

Am Montag hatte der Oberste Gerichtshof in Rom den Antrag verworfen, alle Verfahren gegen den Cavaliere wegen "Befangenheit der Mailänder Richter" nach Brescia zu verlegen. Das bedeutet, dass am Montag auch der " Ruby"-Prozess fortgesetzt wird, in dem Berlusconi wegen Sex mit Minderjährigen und Anstiftung zur Prostitution vor Gericht steht.

Eine erneute Verurteilung könnte die Regierungskoalition gefährden, in der die politischen Spannungen zunehmen: Am Mittwoch weigerten sich die Senatoren des linken Partito Democratico, Berlusconi-Intimus Francesco Nitto Palma zum Vorsitzenden des Justizausschusses zu wählen - für Berlusconis Partei Volk der Freiheit eine "schwerwiegende Verletzung der Vereinbarungen".

Schlüsselposten für alte Riege

Indes wurde eine ganze Serie langgedienter Berlusconi-Politiker zu Ausschusspräsidenten ernannt, darunter Ignazio La Russa und Roberto Formigoni, gegen den ein Korruptionsverfahren läuft. Der Christdemokrat Pier Ferdinando Casini wurde Chef des außenpolitischen Ausschusses.

Im Partito Democratico sorgt die in Augen mancher Mitglieder unheilige Allianz mit Berlusconi für Frustration. Forderungen werden lauter, den für Herbst geplanten Parteitag vorzuziehen. Auf einer Vollversammlung soll bereits am Samstag ein "Statthalter" gewählt werden, der nach dem Rücktritt Pier Luigi Bersanis die Partei führen soll.

Angesichts der wenig erfreulichen Aussichten verwundert es nicht, dass sich die neue Regierung am Wochenende zu einer Klausur in die toskanische Abtei Spineto zurückzieht. (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 10.52013)