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Roberto Azevêdo tritt Ende August sein neues Amt an.

Foto: REUTERS/Luke MacGregor

Genf/Brasilia - Die Welthandelsorganisation (WTO) wird in den kommenden vier Jahren vom Brasilianer Roberto Azevêdo geführt. Der US-kritische Karrierediplomat konnte eine klare Mehrheit der 159 WTO-Mitgliedstaaten für sich gewinnen, wie Diplomaten nach einem Treffen des zuständigen WTO-Ausschusses zu den Ergebnissen des Auswahlprozesses erklärten.

USA und EU unterstützten Gegenkandidaten

Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff zeigte sich erfreut. "Das ist kein Sieg für Brasilien, auch nicht für eine Gruppe von Ländern, aber für die Welthandelsorganisation", sagte sie. Es liege in den nächsten Jahren bei der WTO, einen neuen und ausgewogenen Impuls für den Welthandel zu geben. Dies sei fundamental, damit die Weltwirtschaft in eine neue Phase des Wachstums und der sozialen Gerechtigkeit eintrete.

Bei der amtlichen brasilianische Nachrichtenagentur Agência Brasil hieß es, Azevêdo sei unter anderem von den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) und den portugiesischsprachigen Ländern unterstützt worden. Auch Staaten in Lateinamerika, Asien und Afrika hätten sich für ihn eingesetzt. Die USA und die EU hatten Herminio Blanco (62) aus Mexiko unterstützt.

Streitschlichter

Azevêdo ist ein anerkannter Profi in Sachen Streitschlichtung. Für sein Land Brasilien focht er manchen Strauß in internationalen Handelskonflikten aus. Er kämpfte gegen US-Subventionen für Baumwolle, EU-Subventionen für Zucker und Sonderaufschläge für brasilianischen Orangensaft.

Seit 2008 ist er ständiger Vertreter Brasiliens bei der WTO in Genf, wo er sich auch Angriffe erwehren musste, sein Land setze zum Schutz der eigenen Wirtschaft zu sehr auf Protektionismus. In seiner Wahl-Kampagne mühte er sich fleißig, diesen Eindruck zu mildern. Der neue WTO-Chef müsse unparteiisch sein, versicherte er.

In der Wiederbelebung der Doha-Runde sieht er eine der größten Herausforderungen der WTO. "Wir sehen den Lähmungszustand in Genf mit großer Sorge", hatte Azevêdo bei seiner Bewerbung um den WTO-Chefposten gesagt. "Ehrgeizige Ziele sind notwendig, um die Liberalisierung des Handels voranzutreiben."

EU hofft auf "frischen Wind"

Auch die EU erhofft sich nach Worten von Handelskommissar Karel de Gucht "frischen Wind" für die Doha-Runde Azevêdo. "Die WTO steht am Scheideweg", sagte De Gucht. Die EU sei überzeugt davon, dass Azevêdo den Mitgliedstaaten helfen werde, die multilaterale Agenda mit dem Ziel eines erfolgreichen Abschlusses der Doha-Runde wieder auf Spur zu bringen.

Ein erster kritischer Schritt sei die nächste WTO-Ministerkonferenz in Bali im Dezember. Azevêdo könne auf seine volle Unterstützung zählen, so der Handelskommissar.

Ab 31. August im Amt

Für das Amt als WTO-Generaldirektor und Nachfolger des Franzosen Pascal Lamy (67) muss Azevêdo noch formell von der WTO bestätigt werden. Die Amtsübernahme erfolgt am 31. August. (APA/red, 8.5.2013)