Vor der aufkommenden Konkurrenz wird sich auf Dauer vor allem Google in Acht nehmen müssen.

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So wird das erste Sailfish-Phone aussehen.

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"Peak", eines der ersten beiden Firefox OS-Phones.

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Canonical setzt bei Ubuntu OS auf Konvergenz.

 

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Abseits der beiden unumstrittenen Marktführer im Bereich der mobilen Betriebssysteme, Android und iOS, gibt es eine Reihe von Firmen, die die kleine Nische, die die beiden hinterlassen, ausfüllen wollen. Manche davon sind bereits am Markt, andere sollen im Laufe des Jahres durchstarten.

Comeback einstiger Größen

Seit 2011 versucht Microsoft wieder Fuß zu fassen, nachdem Apple und später Google der Vorherrschaft von Windows Mobile ein Ende bereitet hatten. Während sich der Erfolg des ersten Windows Phone in Grenzen hielt, scheint Windows Phone 8 langsam aber stetig an Schwung zu gewinnen - wenn auch nicht in allen Märkten.

Eine weitere ehemalige Größe hat nun ebenfalls ihr Comeback hingelegt. BlackBerry, vormals Research in Motion, hat zu Jahresbeginn mit einigen Monaten Verspätung eine neue Version des gleichnamigen Betriebssystems nebst passendem Smartphone herausgebracht. Trotz grundsätzlich positiver Rezeption ist man noch ein gutes Stück davon entfernt, zu alter Stärke zu finden.

Firefox OS

Und dann gibt es die vier Neuen. Die Mozilla Foundation schickt das auf standardisierte Webtechnologien Firefox OS ins Rennen. Mit LG oder ZTE hat man bereits namhafte Hersteller an der eigenen Seite, die die Software auf ihre Geräte spielen wollen. Zu den Partnern unter den Mobilfunkern zählen sich unter anderem die Deutsche Telekom und die spanische Telefonica. Im Sommer sollen erste Geräte den Massenmarkt erreichen, der Fokus liegt dabei vorerst auf Schwellenländern.

Tizen

Ebenfalls mit den Hufen scharren Samsung und Intel, die im dritten Quartal Tizen an den Start bringen wollen. Dabei handelt es sich um den Nachfolger von MeeGo, wobei Letzteres im Smartphonebereich nie wirklich Fuß fassen konnte. Heimlicher Beliebtheit erfreut sich bis heute Nokias N9. Samsung ist gleichzeitig der mit Abstand bedeutendste Produzent von Android-Smartphones und zählt zu den Weltmarktführern im Elektronikbereich allgemein. Im August will man ein High-End-Gerät mit Tizen vorstellen.

Sailfish OS

Während sich Nokia auf absehbare Zeit voll und ganz Windows Phone verschrieben hat, will ein von Ex-Mitarbeitern gegründetes Unternehmen mit einer neuen Plattform die Konkurrenz aufmischen. Jolla heißt das Start-up, Sailfish das Betriebssystem. Ein Businessplan steht noch nicht, das System soll die jeweilige Monetarisierungsstrategie der Partner unterstützen. Das erste Gerät, in Mid-Range-Device mit Wechselcover, das Einfluss auf die Farbgestaltung der Benutzeroberfläche hat, soll noch 2013 in ausgewählten Ländern an den Start gehen und wird 400 Euro kosten.

Ubuntu Touch

Und dann will auch noch Canonical ein Wörtchen mitreden. Die Londoner stehen hinter der Entwicklung der wahrscheinlich bekanntesten und breitest genutztesten Linux-Distribution unter Endverbrauchern, Ubuntu. Und dieses soll als "Touch"-Ausgabe Tablets und Smartphones erschließen und unerreichte Konvergenz zwischen Mobile und Desktop schaffen. Man will eine Alternative zu Android schaffen, die weniger fragmentiert ist und OEMs und Betreibern mehr Anpassungsmöglichkeiten bietet.

Derzeit arbeitet man gemeinsam mit der Community an Design und Umsetzung der Kernanwendungen. Mit dem Release ist für 2014 zu rechnen. Man hat bereits Chiphersteller Qualcomm an Bord., der die Hardware für ein erstes Gerät liefern soll.

Kampf um aufstrebende Märkte

Umkämpft sind dabei weniger die gut gesättigten (wenn auch immer noch wachsenden) Märkte der westlichen Industriestaaten, sondern jene Regionen der Welt, die sich in Erschließung befinden. Millionen von Menschen in Ländern wie China, Indien, Brasilien und einigen afrikanischen Staaten werden sich in den kommenden Jahren erstmals ein Mobiltelefon zulegen.

Das Angebot für sie muss umfassend und kostengünstig zugleich sein, denn für Highendgeräte reicht das Budget der meisten nicht. Ein Grund, warum die anhaltenden Gerüchte rund um eine billigere Ausgabe des iPhones eine gewisse Glaubwürdigkeit besitzen.

Bittere Erfahrungen

Aber auch das System auf einem günstigen Gerät muss überzeugen können. Die Nutzererfahrung und die Interaktionsmöglichkeiten mit anderen Smartphones als auch das App-Angebot gehören zu den wichtigsten Kriterien, die über Aufstieg oder Fall entscheiden. Leidvolle Erfahrungen diesbezüglich mussten in der Vergangenheit Nokia und Samsung machen.

Vor der Liaison mit Microsoft versuchten die Finnen, das altehrwürdige Symbian-System reif für das Touchzeitalter zu machen, scheiterten aber daran. Samsungs Eigenentwicklung Bada konnte ebenso keine kritische Masse erreichen. Was davon übrig ist, wird nun Teil der Codebasis von Tizen.

Ausbruch aus dem Teufelskreis

Ohne der Aussicht auf eine halbwegs große Nutzerbasis ist es auch schwer, Entwickler dazu zu bekommen, Apps herzustellen, um das eigene Ökosystem zu befüllen. Ohne diesen Apps wiederum verliert die Plattform an Attraktivität. Ein Teufelskreis, der angesichts des am Markt etablierten Apple-Google-Duopols umso schwerer zu durchbrechen ist.

"Wenn Microsoft mit seinen fast unendlichen Ressourcen den Durchbruch nicht schafft, wird das andere zwei Mal darüber nachdenken lassen", warnt Garntner-Analyst Hugues de la Vergne gegenüber dem "Wall Street Journal". Weltweit hielten Android und iOS Ende 2012 bei 87,6 Prozent Marktanteil - knapp 20 Prozent mehr als noch 2011 -, in den USA nutzen gar 91 Prozent der Nutzer ein Smartphone mit einem der beiden Systeme.

Freude bei den Mobilfunkern

Dementsprechend ist es unwahrscheinlich, dass alle Newcomer den Konkurrenzkampf der nächsten Jahre überleben werden. Trotzdem muss sich Google auf einen möglichen Wandel vorbereiten. "Kurzfristig werden diese neuen mobilen Betriebssysteme keine signifikanten Auswirkungen auf den Markt haben", so IDC-Forscher Ramon Llamas. "Aber langfristig wird mehr Druck auf Android aufgebaut und bis Apple ein Low-Cost-iPhone vorstellt, werden andere Betriebssysteme in einer Position sein, um stärker mitzureden."

Bei den Providern begrüßt man die neuen Herausforderer. "Wir wollen, dass das [mobile] Ökosystem wächst", meint Verizons Finanzchef Fran Shammo. "Wir denken, das ist gut für die Innovation, den Wettbewerb und es wird die Preise der Endgeräte senken." (gpi, derStandard.at, 26.5.2013)