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In diesem zwölfstöckigen Hochhaus in Schanghai soll die Hacker-"Einheit 61398" der Volksbefreiungsarmee ihren Sitz haben.

Foto: Reuters/Barria

Das Pentagon weist Peking in einem Bericht über die militärische Entwicklung Chinas erstmals explizit die Verantwortung für direkte Angriffe auf die USA und amerikanische Unternehmen zu. Die Chinesen dementieren die "unklugen" Anschuldigungen scharf.

Washington/Peking/Wien – "Ohne jegliche Begründung" , "kontraproduktiv" , "unklug"  und "in sich widersprüchlich"  – die Wortwahl, mit der die chinesische Führung die Global Times auf die jüngsten Vorwürfe aus den USA reagieren lässt, ist beinahe gleichlautend wie in den Fällen zuvor. Und auch die Sprecherin des chinesischen Außenamtes, Hua Chunying, blieb der gewohnten Tonart am Dienstag treu: Die Amerikaner hätten bereits mehrfach "unverantwortliche Kommentare zu Chinas normaler und berechtigter Aufrüstung gemacht" . Dies sei nicht gut für das gegenseitige Vertrauen. China verfolge lediglich den Schutz seiner nationalen Unabhängigkeit und Souveränität.

Es geht einmal mehr um Fragen der Cybersicherheit, genauer um Cyberspionage und Cyberkriegführung. Am Montag ist in den Staaten ein detaillierter Bericht des Pentagon zu "militärischen und sicherheitspolitischen Entwicklungen in China 2013"  herausgekommen, einen Großteil davon nimmt die Cyberdomäne ein.

Industriespionage

Darin beschuldigt Washington die chinesische Regierung explizit, Computersysteme der US-Regierung und von amerikanischen Rüstungskonzernen gezielt angegriffen zu haben: "2012 gab es etliche Angriffe auf Computersysteme, die direkt der chinesischen Regierung und dem chinesischen Militär zuordenbar sind."  Deren Ziel sei Industriespionage gewesen, aber auch das Ausforschen der amerikanischen Netzpolitik und vor allem auch der Fähigkeiten der US-Militärs (2009 wurde ein eigenes US-Cyberkommando unter General Keith Alexander gegründet) im virtuellen Raum.

Auf Seite 37 des 83-seitigen Reports heißt es auch, dass die (auch see- und luftgestützte) elektronische Kriegsführung der chinesischen Volksbefreiungsarmee darauf abziele, fremde Satellitensysteme anzugreifen, um sie einzuschränken oder nutzlos zu machen. Dadurch solle die Präsenz der Amerikaner im Pazifik zurückgedrängt werden, um der chinesischen Kriegsmarine und ihrem neuen Flaggschiff, der "Liaoning" , einem umgebauten ehemals sowjetischen Flugzeugträger der Kusnetsov-Klasse, Manövrierraum zu verschaffen.

Bereits Mitte Februar hat die amerikanische IT-Sicherheitsfirma Mandiant nach datenforensischen Analysen die "Einheit 61398"  des chinesischen Militärs für zahlreiche Hackerangriffe auf die USA verantwortlich gemacht. Die Truppe soll in einem Hochhaus in Pudong (Schanghai) sitzen und hunderte Hacker beschäftigen. Seit 2006 sollen diese zumindest 141 Unternehmen angegriffen und ausspioniert haben. Hunderte Terabyte Daten wurden dabei entwendet, behauptet Mandiant.

Die USA haben in ihren Cybersicherheits-Doktrinen ausdrücklich festgehalten, dass virtuelle Angriffe auch konventionell beantwortet werden können. Präsident Barack Obama hat zuletzt seine Juristen auch rechtfertigen lassen, dass er allenfalls auch präventive Schläge bei drohenden Cyberattacken anordnen kann. (Christoph Prantner /DER STANDARD, 8.5.2013)