Wien – "Jeder Zweite hat bis zur adäquaten schmerzmedizinischen Versorgung mehr als zehn Ärzte konsultiert", kritisierte  Günther Bernatzky, Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft ÖSG, aus Anlass der bevorstehenden der 21. Wissenschaftlichen Tagung der ÖSG in Klagenfurt.

Ein aktueller Bericht der EFIC geht davon aus, dass 21 Prozent der Österreicher, also rund 1,5 Millionen Menschen, chronische Schmerzen haben. Das entspricht den Ergebnissen der ersten Umfrage der ÖSG zu diesem Thema vor einem Jahrzehnt, ist allerdings, so Bernatzky, kein Anlass zur Einschätzung, dass sich in Sachen Schmerzmedizin nichts getan hat.

Enttabuisierung und Entstigmatisierung

"Gelungen ist etwa eine Enttabuisierung des Themas Schmerz, die allmähliche Anerkennung des Schmerzes als eigenständiges Krankheitsbild, die zunehmende Entstigmatisierung von Opioid-Schmerzmedikamenten und der Abbau von Opioid-Phobien", sagt Bernatzky. Vor wenigen Jahren wurden die Grundlagen zur Vergabe des Schmerzdiploms der Ärztekammer geschaffen. Bisher haben 633 Ärzte dieses Diplom erworben und in nahezu jedem Bundesland Österreichs existiert mindestens eine Schmerzambulanz.

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass Ärzte mittlerweile mehr Verständnis Schmerzen zeigen und diese auch ernst nehmen. "Das macht zwar Hoffnung, aber wir müssen auch sehen, dass  immerhin jeder Fünfte dem nicht zustimmen kann", sagt Bernatzky.

Österreich schneidet im EU-Ranking schmerzmedizinisch relativ gut ab. Hierzulande dauert es im Durchschnitt 1,7 Jahre, bis eine korrekte Diagnose erstellt ist, im EU-Durchschnitt sind es 2,2 Jahre. Nach wie vor ohne angemessene Behandlung sind 23 Prozent aller Österreicher, im EU-Durchschnitt sind es 38 Prozent der Betroffenen.

Forderungen an die Gesundheitspolitik

Bernatzky gibt sich mit dem Ergebnis nicht zufrieden: "Wir erwarten vom Gesundheitssystem, dass die Forderungen, die von der ÖSG seit vielen Jahren erhoben werden, endlich umgesetzt werden". Geschieht das nicht, befürchtet der Experte, dass die Folgekosten des chronischen Schmerzes das Gesundheitssystem bis zur Unfinanzierbarkeit belastet. (red, derStandard.at, 6.5.2013)