Damaskus/Jerusalem/Washington - Israel hat inmitten der Diskussion über eine internationale Intervention in dem Bürgerkriegsland erneut einen Luftangriff auf Syrien geflogen. Der Angriff galt nach Angaben aus israelischen Regierungskreisen einer Ladung hochmoderner Raketen, die an die Hisbollah-Miliz im benachbarten Libanon geliefert werden sollten. Es habe sich nicht um chemische Waffen gehandelt. Der Luftschlag war nach Angaben einer Regierungsquelle, die anonym bleiben wollte, am Freitag ausgeführt worden, nachdem Premier Benjamin Netanyahu ihn am Donnerstagabend bei einem geheimen Kabinettstreffen angeordnet habe. Die Auslieferung der Waffen an die Hisbollah hätte das Kräfteverhältnis in der Region verändert, begründete die Quelle laut der Zeitung "Times of Israel" den Schlag.

Der syrische Luftraum sei bei dem israelischen Einsatz nicht verletzt worden, hieß es übereinstimmend in Medienberichten. Die israelischen Kampfflugzeuge hätten nämlich Raketen von außerhalb Syriens auf Ziele in dem arabischen Land abgefeuert.

Von syrischer Seite zeigte man sich unwissend über den Vorfall. "Ich weiß derzeit nichts von einer Attacke", sagte Syriens UNO-Botschafter Bashar Ja'afari. Auch die staatliche Nachrichtenagentur Sana und die Opposition schwiegen zunächst.

Kriegszustand

Israel hat in der Vergangenheit klar gestellt, es könne in den Konflikt in Syrien eingreifen, um zu vermeiden, dass gefährliche Waffen in die Hände von militanten Gruppen fallen. Bereits Ende Jänner hatte die israelische Luftwaffe Ziele in Syrien angegriffen. Dabei soll es sich um einen Konvoi mit Luftabwehrraketen für die Hisbollah gehandelt haben.

Israel und Syrien befinden sich seit Jahrzehnten im Kriegszustand, weil es nach dem Yom-Kippur-Krieg 1973 nie zu einem formellen Friedensschluss kam. Israel besetzt seit 1967 die völkerrechtlich zu Syrien gehörenden Golan-Höhen, auf denen auch österreichische Blauhelme zur Wahrung des Waffenstillstandes stationiert sind. Diese befänden sich derzeit nicht in Gefahr, sagte Bundesheer-Sprecher Michael Bauer am Samstag auf APA-Anfrage. Die Sicherheitslage habe sich in den vergangenen Wochen und Monaten nicht geändert, er wolle nicht über mögliche Auswirkungen von Feindseligkeiten zwischen den beiden Staaten spekulieren.

Militärintervention

Unterdessen bereiten sich auch die USA auf eine Militärintervention in Syrien vor. Nachdem das Pentagon am Donnerstag von Überlegungen berichtet hatte, Regimegegner mit Waffen auszustatten, nahm US-Präsident Barack Obama am Freitag zu einem möglichen Einsatz von Bodentruppen in dem Bürgerkriegsland Stellung. Als Oberster Befehlshaber schließe er zwar grundsätzlich keine Option aus, derzeit sei eine Truppenentsendung aber nicht vorstellbar, sagte Obama am Rande eines Besuches in Costa Rica. "Ich sehe derzeit kein Szenario, in dem Stiefel auf syrischem Boden, amerikanische Stiefel auf syrischem Boden, nicht nur gut für Amerika, sondern auch gut für Syrien wären."

Sollte sich herausstellen, dass die syrischen Streitkräfte systematisch Chemiewaffen einsetzen, würde dies jedoch alles ändern. Zwar gebe es Hinweise für einen Einsatz von Chemiewaffen, man wisse aber nicht, wo und von wem sie eingesetzt worden seien. Es müssten nun weitere Hinweise gesammelt und den Vereinten Nationen vorgelegt werden, sagte Obama.

Die Kämpfe in Syrien gingen auch am Freitag unvermindert weiter. Der seit März 2011 andauernde Aufstand gegen das Assad-Regime hat nach UNO-Schätzungen mehr als 70.000 Menschen das Leben gekostet. (red/APA/Reuters, derStandard.at, 4.5.2013)