München - Lärmbelastung, beispielsweise durch Straßenverkehr, kann sich negativ auf das Herz-Kreislauf-System auswirken. Ein möglicher Wirkmechanismus wurde bisher kaum in epidemiologischen Studien untersucht. Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München konnten nun zeigen, dass auch Geräusche des alltäglichen Lebens die Herzratenvariabilität beeinflussen, also die Fähigkeit des Herzens, seine Schlagfrequenz an akute Ereignisse anzupassen. Die Ergebnisse wurden im renommierten Fachjournal "Environmental Health Perspectives" veröffentlicht.

Der Zusammenhang von Lärmbelastung, vor allem hohen Lärmintensitäten, und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist aus früheren Studien bekannt. Die Wissenschaftler um Ute Kraus von der Arbeitsgruppe "Environmental Risks", unter der Leitung von Alexandra Schneider am Institut für Epidemiologie II (EPI II) am Helmholtz Zentrum München (HMGU), haben nun auch die Folgen unserer täglichen Geräuschkulisse untersucht und dabei herausgefunden, dass diese ebenfalls gesundheitliche Risiken birgt.

Hohe und niedrige Lärmintensitäten

Die Wissenschaftler werteten Daten einer Studie an Teilnehmern der bevölkerungsbasierten KORA-Studie aus. 110 Teilnehmer wurden wiederholt mit Messgeräten ausgestattet, die über circa sechs Stunden sowohl die Herzfrequenz, als auch den Umgebungslärm aufzeichneten. Die Lautstärkenwerte wurden bei einem Grenzwert von 65 dB in zwei Gruppen eingeteilt und für jede Gruppe wurden die zugehörigen Herzraten bzw. die Herzratenvariabilität (HRV) analysiert.

Die HRV beschreibt die Anpassungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems an momentane Erfordernisse und wird durch das autonome Nervensystem gesteuert. Das autonome Nervensystem besteht aus Nervengruppen des sogenannten Sympathikus und Parasympathikus. Eine Aktivierung des Sympathikus sowie eine Dämpfung des Parasympathikus führen zu einer Erniedrigung der HRV. Eine niedrige HRV stellt einen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar.

"Die Studie zeigt, dass nicht nur höhere Lärmintensitäten Stresswirkung und Gesundheitsschäden zur Folge haben, sondern auch niedrigere Lärmintensitäten negative Gesundheitseffekte verursachen können", sagt Annette Peters, Leiterin des EPI II. "Aktuell untersuchen wir die Quellen von Lärm aus dem täglichen Umfeld. Dabei wäre es auch interessant, die Studie an jüngeren Teilnehmern unter Einbezug des Belästigungsempfindens sowie anderer Gesundheitsparameter, wie beispielsweise dem Blutdruck, zu wiederholen." Da das durchschnittliche Alter der Studienpopulation bei 61 Jahren lag, ist eine generelle Übertragung der Ergebnisse auf die Gesamtbevölkerung nur eingeschränkt möglich. (red, derStandard.at, 3.5.2013)