Mit der ersten geldpolitischen Lockerung seit Juli 2012 hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins auf ein Rekordtief von 0,5 Prozent gedrückt. Die schwache wirtschaftliche Entwicklung mache das notwendig, sagte Ewald Nowotny, Generaldirektor der Oesterreichischen Nationalbank, am Freitag im ORF-Radio: "Wir sind in einem wirtschaftlichen Einbruch, und daher ist es richtig, gegenzusteuern."

Etwas anders sieht das Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek. Die jüngste Zinssenkung zeige "irgendwo schon ein bisschen die Verzweiflung und die Begrenzung der geldpolitischen Möglichkeiten überhaupt Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen, auf die Wirtschaftskonjunktur zu nehmen", sagte der Ökonom am Donnerstagabend in der "ZiB2".

Es braucht ihrer zwei

Die Firmen mit ihren Investitionen sind für die wirtschaftliche Lage ausschlaggebend . Als Notenbank könne man nur die Angebotsseite stimulieren, und das bedeute Erleichterungen für Unternehmer, aber auch für Inhaber von Wohnungskrediten, gibt Nowotny im ORF-Radio zu. "Wir allein können Konjunktur nicht schaffen". Zudem könne sich die Republik dank der niedrigen Zinsen günstiger finanzieren.

Nachteile für die Sparquote sieht Nowotny nicht. Zwar sei das niedrige Zinsniveau ein Nachteil für Sparer, aber das Sparverhalten der Menschen hänge weniger von den Zinsen als von deren verfügbarem Einkommen ab. Er glaubt, dass für eine Volkswirtschaft insgesamt die Fragen von Beschäftigung und damit von Wachstum wichtiger für das Einkommen sind als die Zinsen. Dass das zum Sparen verwendete Geld überhaupt vorhanden ist, sei primär einer guten wirtschaftlichen Lage zu verdanken, gibt Nowotny also zu verstehen. (red, derStandard.at, 3.5.2013)