Präsident Giorgio Napolitano bestand auf seiner Nominierung, schließlich wurde er tatsächlich zum italienischen Wirtschafts- und Finanzminister ernannt: Der 70-jährige Fabrizio Saccomanni, zuvor Generaldirektor der Banca d'Italia, hat zweifellos eine Schlüsselposition im neuen Kabinett in Rom inne. Denn die wichtigste Frage dreht sich derzeit darum, ob Italien eine Lockerung des Stabilitätspakts fordern und wie das Land das ehrgeizige Wachstumsprogramme finanzieren wird. Die Unterstützung der EZB scheint ihm dabei sicher. Saccomanni war jahrelang enger Mitarbeiter von EZB-Chef Mario Draghi. Es gilt als offenes Geheimnis, dass ihm die Bundesbank oftmals ein Dorn im Auge ist.

Saccomanni tritt in die Fußstapfen seiner renommierten Vorgänger wie etwa Carlo Azeglio Ciampi oder Guido Carli, die als Notenbank-Topmanager in den vergangenen Jahrzehnten ebenfalls das Amt des Wirtschaftsministers bekleideten.

Vermutlich ist Saccomanni aber der erste Poet, der zum Wirtschaftsminister avancierte. Denn in seiner Freizeit schreibt der gebürtige Römer Gedichte. Ein Sonett hatte er etwa seinem großen Vorbild Ciampi zu dessen 80. Geburtstag gewidmet.

Der Notenbanker will den Fokus seiner Strategie auf Wachstum setzen. Ihm schwebt ein Bündnis zwischen Banken, Unternehmen und Verbrauchern vor, " um den psychologischen Unsicherheitsfaktor" zu beseitigen. Denn die Verunsicherung habe in den vergangenen Monaten nicht nur Investitionen und Verbrauch gebremst, sondern auch die Kreditvergabe der Banken verlangsamt. Im Rahmen der Präsentation der OECD-Wirtschaftsprognose will Saccomanni heute, Donnerstag, sein Programm vorlegen.

Kurz nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Mailänder Elite-Universität Bocconi trat Saccomanni 1967 in den Dienst der Notenbank ein. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Mailänder Filiale entsandte ihn sein damaliger Chef Guido Carli zum IWF nach Washington. Als Zentraldirektor für die Auslandsvertretungen der Notenbank bereitete er mit dem einstigen Notenbank- und späteren Staatspräsidenten Ciampi die Strategie zum Eintritt Italiens in die Eurozone vor. In der Banca d' Italia erzählt man, dass der extrovertierte Banker manchmal auch schlechter Laune ist. Vor allem dann, wenn sich der Feinschmecker einer seiner selbstauferlegten Diäten unterzieht. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, 2.5.2013)