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Rumänien galt einst als Brotkorb Osteuropas, erzählen Landwirte. Mittlerweile importiert das Land 70 Prozent der Lebensmittel. Lokale Produkte sind nicht konkurrenzfähig, Verarbeitungsbetriebe fehlen.

Foto: Reuters/Bogdan Cristel

Österreichische Investoren kaufen in Rumänien billig Agrarflächen auf und wandeln sie mit EU-Geldern in Monokulturen um, klagen Kleinbauern. 40 Prozent der Äcker liegen brach, entgegnen Großgrundbesitzer. Konflikte rund um Grund und Boden nehmen zu.

Wien - Der Staat, sagt Dan Cismas, hat zwei Gesichter. Er mache Gesetze, die Landverkauf an ausländische Investoren verhindern sollen. "Zugleich schläft er mit ihrem Geld wie eine Prostituierte."

Cismas führt mit seiner Familie in einem kleinen Dorf in Transsilvanien eine Landwirtschaft auf 35 Hektar. Biologisches Getreide und Gemüse baut er an, hält Kühe, Ziegen und Schweine. Seinen ganzen Ort hat er dazu bewogen, sich mit Bio-Rosen ein neues gemeinsames Standbein neben Mais zu schaffen. Kleinbauern, die sich im Verband Ecoruralis formierten, wählten ihn zu ihrem Vizepräsidenten.

Kein anderes Thema bewege rumänische Landwirte derzeit mehr, als der Verlust von Ackerfläche an Spekulanten, erzählt der 46-Jährige. Großgrundbesitzer wandelten hunderttausende Hektar in intensiv bewirtschaftete und auf Export ausgerichtete Monokulturen um, profitierten dabei von billigen Ar- beitskräften und fruchtbarem Boden zu Schnäppchenpreisen. Ab 2000 Euro sei ein Hektar zu haben, in Österreich koste er gut das Vierfache. Der Monatslohn der Landarbeiter belaufe sich auf etwa 160 Euro, rechnet Cismas vor.

Land im großen Stil zu erwerben, sei für ausländische Investoren ein Leichtes, auch wenn ihnen dieses die Gesetze erst ab 2014 legal erlauben. Eine in Rumänien um 150 Euro registrierte Firma genügt, um ihnen den Weg zu ebnen.

Rumänische Zwischenhändler kauften Land parzellenweise auf, übten Druck auf die Landbevölkerung aus, die mit der Situation oft überfordert sei. Zu einem Puzzle zusammengefügt, gehe es sodann nicht selten zum zehnfachen Preis an internationale Firmen. Bisher kauften sie trotz gesetzlicher Hürden sechs Prozent des Bodens auf.

Seine Landsleute seien keine Nationalisten, betont Cismas, der in Europa auf ihre Anliegen auf Initiative von Non-Profit-Organisationen hin aufmerksam macht. Was er den Investoren ankreide, sei die auf Masse und maximalen Profit ausgerichtete Bewirtschaftung, für die sie in Brüssel Millionen Euro an Direktsubventionen abholten. Geld, das kleinen Betrieben oft allein aufgrund bürokratischer Barrieren verwehrt bliebe.

Regionale Landwirte seien mit ihren Produkten nicht mehr konkurrenzfähig. 70 Prozent der Nahrungsmittel würden importiert - "das in einem Land, das als Brotkorb Europas galt - eine haarsträubende Situation." Cismas sieht in Rumäniens Politik kein Interesse an regionalen Strukturen. Bauernmärkte seien unreglementiert und chaotisch. Viele Junge versuchten sich in der Folge, um der Armutsspirale zu entkommen, als billige Erntehelfer in Westeuropa.

Österreicher sind in Rumänien dicht vertreten. Der Industrielle Gerald Schweighofer etwa stößt mit seinen Investitionen derzeit auf starken lokalen Widerstand. Er holze Waldfläche exzessiv ab und verdränge mit seinen Sägewerken Kleinunternehmer, lautet der Vorwurf, den er scharf zurückwies.

Regional wenig Gegenliebe erntet auch die Esterhazy-Gruppe, die in Rumänien gut 10.000 Hektar an Forsten bewirtschaftet und diese für Holzexporte nach Österreich verzwei- bis verdreifachen will.

Andreas Bardeau, Honorarkonsul von Rumänien und Eigentümer des Schlosses Kornberg, steht für zahlreiche weitere österreichische Agrarier, die in Rumänien in Grund und Boden investierten. Er bestellt mit anderen Gesellschaftern rund 21.000 Hektar Land.

"Rumänien ist eines der wenigen Länder, die offen für Investoren sind. 40 Prozent der Ackerflächen liegen brach", sagt Bardeau und lässt sich nicht in einen Topf mit Spekulanten werfen. Die Bewirtschaftung sei wichtig für Rumänien. Er habe dort 200 Jobs geschaffen und seine Familie bleibe über Generationen vor Ort, er habe niemandem etwas weggenommen - " der Ertrag wird reinvestiert."

Die drei Millionen Euro an EU-Subventionen im Jahr brauche es, um geringere Ernten und höheren Aufwand abzufedern. Schuld an der Importabhängigkeit trage das Fehlen von rumänischen Verarbeitungsbetrieben. Dass viele landwirtschaftliche Projekte nicht realisiert werden könnten, liege an den raren Finanzierungsquellen: "Das größte Problem sind die Banken." (Verena Kainrath, DER STANDARD, 30.4.2013)