Vor der Nordküste von Wales liegt seit 1979 ein 137 Meter langes und 4.500 Tonnen schweres Kreuzfahrtschiff auf dem Trockenen. Die "Duke of Lancaster" war von 1956 bis Ende der 70er-Jahre zu den schottischen Inseln, Belgien, Dänemark, den Niederlanden, Norwegen und Spanien unterwegs und gehörte zu den nobelsten Schiffen, die zu jener Zeit auf den Meeren verkehrten.

1978 wurde sie zur Autofähre degradiert und sollte schließlich zu einem Spielplatz für Erwachsene an Land umfunktioniert werden. An der "Dee Esturay", wo der Fluss Dee in die Irische See mündet, wurde sie in einem großen Haufen Sand und Beton eingegraben, fixiert und mit Kino, Spielhalle, Restaurant und Hotelzimmern ausgestattet. Die Zeit als "Funship" dauerte nicht lange, und 1985 wurde das Vergnügungsschiff geschlossen. Seither verwittert, verrostet und vergammelt der Gigant.

Mit Spraydosen für den Tourismus

Die Innenräume sind erhalten und es wirkt, als würde die "Duke of Lancaster" nur auf Passagiere warten, um die Anker für eine neuerliche Fahrt zu lichten. Von außen jedoch gab das Schiff ein trauriges Bild ab - bis es von Graffiti-Künstlern entdeckt wurde. Im August 2012 wurde der lettische Künstler "Kiwie" dazu eingeladen, ein Bild an den Rumpf zu sprayen. Gemeinsam mit weiteren Künstlern aus Europa entstanden mit Einverständnis der Eigentümer unter dem Motto: "Your Ship Looks Like **** so wie painted it" die ersten Gemälde - zum Thema Korruption. Einige der Künstler aus der ersten Phase blieben anonym, die ganze Aktion hatte etwas Verwegenes, Illegales, Verbotenes - und wurde erst nach der Vollendung öffentlich gemacht. 

In einer zweiten Phase wurden zwischen März und April 2013 erneut internationale Graffiti-Künstler eingeladen, um sich an der Gestaltung zu beteiligen: Dale Grimshaw, SNUB23, Space Hop und Dan Kitchener erklärten sich bereit, ihren Beitrag zu leisten. Die Entstehung der Kunstwerke im Rahmen der zweiten Phase konnte mitverfolgt werden, die Namen aller Künstler waren bereits vorab bekannt.


121 Quadratmeter Protest: Die drei Affen von GOIN, die am Schiffsrumpf sitzen und nichts sehen, hören oder sagen, spielen auf den 30 Jahre andauernden Kampf des Schiffseigentümers mit dem Gemeinderat an, bei dem es darum geht, das Schiff wieder für Aktivitäten zu öffnen und so Touristen anzulocken. (Foto: Gary Dickinson)

Die größte Freiluft-Galerie der Welt

Mit der Spray-Aktion soll das Schiff wieder in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt und eine Wiedereröffnung erreicht werden. Zu diesem Zweck waren im Laufe des Projekts bis jetzt Künstler aus Lettland, Frankreich und Ungarn sowie aus Wales, Irland und England am Werk. Sie alle arbeiten daran, in einer wirtschaftlich angeschlagenen Region mit dem außergewöhnlichen Schiff eine neue, touristische Attraktion zu erschaffen.

Die Reaktionen auf das Projekt waren von Anfang an sehr unterschiedlich, da es sich für viele um "illegale Sprayereien" handelte. Mittlerweile würden sich die Meinungen aber ändern, da die Menschen erkannt hätten, dass sich dank der Graffitis das ehemals rostige Wrack in die "größte Open-Air-Galerie" der Welt verwandelt.

Nun wartet die Gruppe darauf, dass auch der Gemeinderat erkennt, dass das Projekt eine Chance für die Region darstellt. Zu diesem Zweck wurde kürzlich eine riesige Postkarte an den Gemeinderat von Flintshire geschickt, mit der DuDug daran erinnert, dass man sich mit Hilfe zahlreicher Künstler um die Revitalisierung des Wracks kümmert und dabei Unterstützung erwartet.

Die Eigentümer der "Duke of Lancaster" stehen auf jeden Fall hinter den Sprayern und hoffen, dass aus dem ehemals hässlichen, rostigen Wrack wieder eine Touristenattraktion wird.

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So sah die Duke of Lancaster aus, ehe die Gruppe DuDug sich ihrer annahm. Ein rostiges, verfallenes Schiff, das von außen nicht erahnen lässt, wie luxuriös es innen geblieben ist.

Space Hop ist für dieses Werk verantwortlich, bei dem es sich um den ersten Kapitän des Schiffs handelt: John 'Jack' Irwin; der "echte" Captain Jack. Die Darstellung ist eine exakte Kopie eines Portraits des Kapitäns, das an Bord des Schiffes vor seiner Kabine gemacht wurde. Das Graffiti befindet sich in etwa fünf Metern Höhe gleich unterhalb der Brücke, jenem Ort also, wo der Kapitän die meiste Zeit verbrachte.

Foto: http://www.garydickinson.co.uk/

Vom Künstler Dan Kitchener stammt das Werk daneben: Opening The Can Of Worms. 8 x 8 Meter misst das Graffiti, das eine monströse Kreatur darstellt, die an einen Oktopus mit wurmähnlichen Tentakeln erinnert. Der Name und das Thema sollen an den Kampf des Schiffseigentümers mit dem Gemeinderat erinnern, bei dem es darum geht, dem Schiff wieder eine Funktion zu geben.

Foto: http://www.garydickinson.co.uk/

Auch der Künstler Dale Grimshaw hat sich auf dem Schiff mit einem Werk verewigt. "When two worlds meet, it's culture clash" heißt sein gigantisches Portrait eines Jugendlichen mit Kriegsbemalung (zweites Graffiti von links).

Foto: http://www.garydickinson.co.uk/

SNUB23 hat "Your Time is Up, The Future is Here" zu dem Projekt beigetragen. Ein blauer, futuristisch anmutender Roboter bricht aus dem Inneren des Rumpfs nach außen. 12 x 12 Meter misst der Gigant. Der blaue Pirat links daneben stammt von KIWIE, einem lettischen Graffiti-Künstler.

Foto: http://www.garydickinson.co.uk/

Die Werke der Künstler können übrigens in Form von T-Shirts oder limitierten, zum Teil signierten Drucken im Online-Shop auch gekauft werden. (red, derStandard.at, 2.5.2013)

Links

DuDug - Black Duke

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Über die Duke of Lancaster

Foto: http://www.garydickinson.co.uk/