Eine Plastik in der Grafikausstellung: Brook Andrews "Jumping Castle War Memorial" (2010 in Sydney) nutzt ein schwarz-weißes Design der Wiradjuri. 

Foto: Brook Andrew

Wien - Eine riesige Hüpfburg dominiert den Raum. Aber nicht allein das grafische Muster, auch die Nachbildungen menschlicher Schädel hinter Sichtfenstern machen klar, dass es sich hier nicht um ein verirrtes Spielgerät handelt. Jumping Castle War Memorial heißt die von Brook Andrew für die Sydney-Biennale 2010 realisierte Arbeit, die das Fehlen eines Völkermord-Museums für Aborigines thematisiert.

Seine Skulptur sei ein Sakrileg, sagt er; das riesige Spielzeug zum Herumspringen sei ein Schlag ins Gesicht jener, derer nicht erinnert wird, aber auch jener, die sich nicht erinnern wollen. Die Form spiegele jedoch sein Interesse für den Zirkus als Ort wider, wo Freaks exponiert wurden. Die Indigenen, deren Rautendesign Andrew nutzt, wären allzu oft als Freaks, als Überbleibsel einer primitiven Rasse betrachtet worden, sagt der Künstler, dessen Vater Schotte, dessen Mutter eine Wiradjuri ist. Aber was hat das Objekt, ein wichtiger Beitrag zur Erinnerungskultur, in einer Schau zur Druckgrafik verloren?

Print titelte man im Jahr 2007 noch simpel. 2010, bei der nächsten Auflage, wurde es mit der Schau Multiple Matters. Grafische Konzepte, die den Fokus auf die Multiplizierbarkeit und damit auf demokratische Aspekte des Mediums legte, bereits komplizierter. Dass die neueste Großausstellung internationaler künstlerischer Grafik im Künstlerhaus nun auch die komplexeste ist, drückt sich bereits im etwas konstruierten Titel aus: in.print.out - Grafik in/auswendig. Man hätte, so einer der Kuratoren im Katalog, ebenso die Schreibweise "in- und auswändig" verwenden können, da die Grafik - im Medium Plakat - auch im öffentlichen Raum wirke.

Eben um jene Druckwerke von hoher Auflage und agitativer Wirkkraft wurde die Präsentation klassischer Druckgrafik (Holz-, Linolschnitt, Radierung, Serigrafie, Aquatinta, Digitaldruck etc.) heuer erweitert. Zu den Arbeiten von rund 100 Künstlern (auch dieses Mal in Kooperation mit der Grafik-Triennale Krakau ausgesucht) kommen historische Plakate aus Sammlungen in Wien, Brünn, Wilanów und Zürich. Trotz guter Exponate - von Hanns Wagulas Bonbon-Indianer für Englhofer bis zu Stefan Sagmeisters Button Fly für Levi's - eine leider recht beliebige Ausstellung.

Schnell konsumiert sind auch die Plakate des Projekts Geld Macht Sicht Bar (ab Mai im öffentlichen Raum). Erwin Wurm hat dafür ein Sujet von 2002 wiederverwertet. Eindringlich sind nur die Sprüche "Alle wollen mehr. Nie genug" und "Wir machen mit Ihrem Geld, was wir wollen" von Ingeborg Strobl und dem Meister des politischen Plakats, Klaus Staeck. Trotz krasser Qualitätsunterschiede lohnt der Besuch bei der klassischen Druckgrafik am meisten. Die besten Beispiele vermögen nicht nur die Sinne für Drucktechniken, sondern auch für Gesellschaftspolitisches zu sensibilisieren. Generell stellt sich jedoch die Frage, ob solch monomediale Ausstellungen der Grafik einen Dienst erweisen.  (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 23.4.2013)