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Jeder würde gerne ein "Big Shot" sein. Am besten so schnell wie möglich.

Aufmucken. Cool sein. Ein Babo sein, wie das unter vielen Jugendlichen hier heißt. Babo, ein Begriff aus der deutschen Jugendsprache türkisch-kurdischer Prägung, bezeichnet einen besonderen Macher, der im Leben vieles erreicht hat. Was erreicht? Nun, das kommt auf den Zugang an: Für Haftbefehl, den unter den Jugendlichen hier populären Rap-Star aus Offenbach, sind es vor allem Anerkennung und Respekt durch Gewalt und viel Geld. Zumindest kann man das so in seinen Rap-Texten nachlesen.

Die Jugendlichen finden diesen Lebensstil "cool", jeder würde gerne ein "Big Shot" sein. Am besten so schnell wie möglich. Aber beeinflusst Gewaltkult, der durch eine bestimmte Musikrichtung befördert wird, letzten Endes auch das Verhalten mancher Jugendlicher so sehr, dass daraus Gewaltakte entstehen? Laut einer niederländischen Studie soll das der Fall sein. Und zwar unterbewusst und schleichend, so glauben die Autoren der Studie zu wissen.

Bei uns in der Betreuungseinrichtung ist es weniger drastisch. Über Jahre hinweg wurden hier Kinder und Jugendliche betreut, die auch auffällig in ihrem Verhalten waren. Die wenigsten aus dieser gefährdeten Gruppe begingen kleinkriminelle Delikte oder landeten im Gefängnis. Dass es diese andere Gruppe auch gibt, ist aber kein Geheimnis.

Seit längerem kommt ein aufgeweckter Bursche zu uns, der sich immer wieder am Rande der Kriminalität bewegt. Wir reden miteinander. Aber selten direkt über das, was er neben der Schule macht. Stückchenweise erzählt er mir Episoden aus seinem jungen Leben: mit elf Jahren Zigaretten geraucht, mit zwölf schon gekifft. Jetzt ist er 13 und verkauft selbst Drogen in kleinen Mengen, behauptet er. Dazu zeigt er mir Fotos von grünen 100-Euro-Scheinen auf seinem Handy. Ob sie alle von ihm sind, will ich wissen. Darauf gibt er keine eindeutige Antwort.

Wie nun vorgehen als Betreuer? Konsequenzen aufzeigen, Lösungsvorschläge anbieten, andere Beschäftigungsmöglichkeiten unterbreiten und Gehör schenken. Mahnende Zurufe und ein zu stramm geführtes moralisches Korrektiv bringen bei ihm wenig. Denn oft scheitern die guten Vorsätze an seiner juvenilen Unbedachtheit und seinem Drang, vor anderen respektabel dazustehen.

Natürlich spielt auch sein Elternhaus eine große Rolle: Seine Taten werden vom Vater gedeckt, vor der Mutter verschwiegen und vom großen Bruder gefördert. Wie es auch ein Babo machen würde, fällt mir dazu ein. (red, daStandard.at, 22.4.2013)