Wem zahlt meine Mutter das Studium? Diese Verwirrung nennt man Solidargesellschaft.

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Tanja Paar ist nach 20 Jahren an die Uni zurückgekehrt.

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Trotz des großen Erfolgs der Lachnummer vom letzten Mal, wende ich mich heute einem ernsteren Thema zu: den anstehenden ÖH-Wahlen. Und das kommt so. Als ich kürzlich mit dem Fahrrad zur Mathematik-Vorlesung sause, wie immer ein bisschen knapp dran, pralle ich fast gegen einen Plakatständer.  "Deine Mutter zahlt mein Studium" steht darauf in fetten Lettern zu lesen. "Die meinen mich!", denke ich spontan. Ich bin ja schließlich eine Mutter und habe über ein Jahrzehnt brav und regelmäßig Steuern gezahlt.

Andererseits studiere ich. Wem also zahlt meine Mutter das Studium? Diese Verwirrung nennt man Solidargesellschaft. Die kann man gut oder weniger gut finden. Die wahlwerbenden Fraktionen sehen das auch ganz unterschiedlich. Wer was vertritt und warum, das kann man jetzt auf www.oehwahlen2013.at nachlesen.

Das ist ein Blog, das von Studentinnen und Studenten der Publizistik und Medieninformatik im Rahmen der Lehrveranstaltung Multimediajournalismus betrieben wird. Neudeutsch heißt es nämlich das Blog, nicht der Blog. Das war das erste, was ich in der Lehrveranstaltung Multimediajournalismus gelernt habe. Jedenfalls wird das Blog unparteiisch, umfassend und nach journalistischen Kriterien über die ÖH-Wahlen berichten und ist also eine super Sache.

Natürlich werden alle digitalen Kanäle bespielt, also gibt es oehwahlen2013 auch auf Facebook, Twitter und YouTube. Ein Vorteil dabei ist, dass die Studierenden, also auch ich, lernen verschiedene Textsorten zeitgemäß aufzubereiten, Fotos zu bearbeiten und Videointerviews zu führen. Dazu kommt, dass hier interdisziplinär gearbeitet wird: Die Informatiker (vorwiegend Männer) werden auf die Publizistinnen (vorwiegend Frauen) losgelassen – und umgekehrt. Sie sitzen im neuen Institutsgebäude in der Währinger Straße ja täglich unter einem Dach, haben in der Regel aber nicht viel miteinander zu tun. Zwei Welten prallen hier aufeinander beziehungsweise eben nicht.

Die Informatiker, junge Männer mit Rucksack und ernsten Gesichtern, erhaschen nur selten einen Blick von den gut aussehenden Publizistik-Studentinnen, die mit wehendem Haar in ihre Vorlesungen eilen. Ich habe Vorurteile, gewiss, aber sie werden in der Regel bestätigt. Ausnahmen sind willkommen, ihnen soll hier ausführlich Raum gegeben werden.

Deswegen berichte ich gern von der engagierten Webmistress, die jedes technische Problem diskret, rasch und völlig geräuschlos killt. Will sagen, sie macht kein großes Gedöhns darum, dass gleich immer alles funktioniert, wenn sie hingreift. Oder vom Publizistik-Studenten, der sein beachtliches Schreibtalent nicht vor den Kolleginnen verstecken muss. Eigentlich verstehen sich alle recht gut und schon nach wenigen Wochen traue ich mich in dieser Lehrveranstaltung nicht mehr zu sagen, wer hier die Informatikerinnen sind und wer die Publizisten. Schön eigentlich. (Tanja Paar, derStandard.at, 18.4.2013)